50 km Deutsche Meisterschaft der DUV……, da muss man hin, auch wenn ich kein Straßenläufer bin und auch wenn ich eigentlich keine Lust habe Asphalt zu laufen. – Diese Hetzerei auf diesen Distanzen! Aber eigentlich eine Sache der Ehre. Seit dem Goldsteig-Ultra-race, bei dem ich nach 430 km aussteigen musste, bin ich so gut wie nicht mehr gelaufen. Die ersten 3 Wochen nach dem Lauf keinen einzigen Meter. Körper und der Kopf wollten, konnten nicht. – Das war dann schon Ende Oktober.
Aber kann ich überhaupt in Marburg starten? Das Jahr ging nicht gut zu Ende, wenn auch befriedigend, aber das neue startete auch nicht gut. Kevelaer – Hetzerei – da bin ich dieses Jahr lieber Berge laufen. Genütlich mit Freunden. Dann Rodgau, eigentlich im Jahresbeginn die sinnvolle Vorbereitung für Marburg. Aber nix da, terminlich ging es nicht.
Dann war ein schöner Lauf in Belgien, Trail des Bosses, 65 km, nicht ganz flach aber auch nicht zu technisch. Das war in diesem Jahr mein längster Lauf.
Dann kam auch bald Marburg und die Rüsselseuche. Viele Kolleg-Innen krank, zeitweise 25 Prozent Krankenstand. Das ging auch nicht an mir vorbei. Habe zwar nur einen Tag auf der Arbeit gefehlt, aber die Nächte waren gruselig, habe mir die Lunge auf links gehustet, drei Wochen lang!!
Nun zu meiner Vorbereitung für Marburg. Diese bestand am Donnerstag vor dem Wettkampf aus 10 km mäßigem Tempo und 20 min anschließend auf dem Ergometer ausfahren. In den drei Wochen vor dem Lauf ging sonst nichts! Etwas Fitness-Studio mit mäßigem Krafttraining, etwas Radergometer und das war’s.
Ist es sinnvoll nach Marburg zu fahren? – Eigentlich nicht, nicht ohne Vorbereitung, nicht zu einer Meisterschaft. Aber ich bin dieses Jahr in einer neuen Altersklasse und ich wollte unbedingt hin, sehen was geht. – Die Erkenntnis kommt beim Lauf.
Also bin ich am Freitag nach Marburg gefahren. Ich bin zwar zweimal in Marburg gelaufen, aber kenne die Stadt nicht. -Was für eine Schande. Das wollte ich dieses Mal ändern. Ergebnis: Schöne Studentenstadt, schöne Altstadt, kleine Gässchen, gemütliche (Studenten-) lokale, interessante Festungsanlage mit gaaanz vielen Fledermäusen im Winterschlaf.
Samstag Morgen im Hotel traf ich dann einen Läufer und kam mit ihm kurz ins Gespräch. Er wollte unter 4:30 h laufen, was für mich aufgrund meiner Nicht-Vorbereitung recht ambitioniert klang. Eine Zeit so knapp unter 5 Stunden waren für mich denkbar. Diese Zeitangabe habe ich dann auch später Siegrid Hoffmann mitgeteilt. Sie wollte ein 5:15 er Tempo laufen, so ihr Trainingsplan. Wow, was für ein Tempo so früh im Jahr. (Gut ich bin auch schon unter 4 h in Marburg gelaufen, aber dieses Jahr schien es mir doch sehr schnell).
So stellten wir uns in etwa in der Mitte des Start-Feldes auf. Es war kalt, eine Stunde vor dem Start war es sehr feucht, jedenfalls in unmittelbarer Nähe zur Lahn. – Ach…??
Der Startschuss. Thomas Klinkenberger Start-Nr.113, Platz 3, Niels Bubel Nr. 35, Platz 1 und Florian Neuschwander, 146, Platz 2, laufen vorneweg. 223 Läuferinnen und Läufer standen am Ende des Tages in der Ergebnisliste der DM. Bild: Michael Irrgang
Dann kam der Startschuss. Der Bürgermeister hatte es doch noch knapp vorher zur Startlinie geschafft, sodass er diese Ehrenaufgabe ausführen konnte. – Deutsche Meisterschaft im 50 km – Lauf und kein Plakat, keine Info in der Stadt. – Heimlich-Lauf. – Schade, könnte man etwas mehr publik machen, sonst geht solch eine Veranstaltung ganz unter, geriete in Vergessenheit.
Apropos Vergessenheit. Hat die DLV vergessen, dass die 50 km-Distanz eine etablierte traditionsreiche Wettkampfdistanz war? – Seit dem Marathon-hype beginnend in den 80er und erst recht in den 90ern, scheint kaum noch einer zu wissen, dass es Wettkampfdistanzen jenseits der 42,195 km gibt. Gut dass wenigstens die DUV noch Deutsche Meisterschaften auf dieser Distanz ausrichtet, sonst wäre diese bald vergessen. Welche Schande, zumal neben dem Wettkampf, dem Messen auf sportlicher Ebene, der Kommerz, der Event-Charakter auf den Marathondistanzen die wichtigere Rolle zu spielen scheint. – Jedenfalls bei den großen Veranstaltungen. – Was ist da ein popeliger 50 km oder 100 km-Lauf, wo es für die Top-Athleten weder Antrittsgelder noch 6-stellige Bestleistungspärmien gibt? Für uns DUV-ler ist das nichts, da dürften wir uns einig sein.
Nun, wieder zurück zum Lauf. Der Startschuss erfolgt. Die ersten 20 m zur Startlinie ist Gehen angesagt, zu dicht das Feld vor meiner Nase. – Aber macht ja nichts, es gibt ja Netto-Zeiten.
Dann setzen wir uns mit Siegrid an meiner Seite (oder ich an Ihrer…., sorry) in Laufbewegung. Es dümpel vor sich hin. – Wenn man 5:15/km laufen will, sollte man das vom Start aus machen und so sagte ich Siegrid kurz: Komm! – und fing an zu überholen. Siegrid sagte kurz „Tschüß Raimund“ und da waren wir schon getrennt. Soso. Eine Zeit für mich so unter 5 h wäre schön…. Ach?
Sagen wir mal folgendes. Ich glaube mir nicht mehr und andere sicherlich auch nicht, was meine Ziel-Zeitangaben betreffen. Ich kann es nicht, Freunde können das oft besser einschätzen. – Wenn der Startschuss erschallt, dann geht bei mir ein Schalter auf Wettkampfmodus. Automatisch, einfach so. Dann ist mir das Tempo oft zu langsam, auch wenn ich sonst ein Langsamstarter bin. Ich brauche erst meine 5 km um mich einzulaufen, sonst bekomme ich keine Luft, Puls ist direkt am Anschlag. – Einzig der Knall aus der Startpistole scheint diese Regel zu durchbrechen.
Zwischen den Läufern kam ich schlecht durch. Aber da ich sonst Trails laufe, bin ich über den Seitenstreifen gelaufen. Wiese, etwas knubbelig, kann ich, auch schnell, bin ja kein Straßenläufer. So arbeitete ich mich durch bis ich frei laufen konnte. Für mich ist es wichtig mich auf den ersten Kilometern einzulaufen, mein Wettkampftempo zu finden. Dabei entscheide ich immer auf der Strecke nach Körpergefühl. Ich habe mich schon vor 5, 6 Jahren von Pulsuhren und sonstigen Uhren verabschiedet, höre in meinen Körper und bin so alle meine Bestzeiten gelaufen.
Nachteil: Ich weiß nicht immer wie schnell ich bin. Aber man kann ja fragen. Mit Mitläufern reden ist ja schön, wir laufen schließlich gemeinsam und am Ende schauen wir welche Zeiten und Platzierungen raus kommen. So erfuhr ich, dass wir ein 4:50 er Tempo liefen. – Oh, zu schnell, da muss ich rausnehmen. – Ging aber nicht wirklich. Einmal justiert, läuft es.
Für Rai begann eingangs der vierten Runde der große Kampf. Er kämpfe sich durch und sorgte mit seiner Leistung für den 5. Platz der Mannschaft der LG DUV, die von Stefan Daum und Walter Hösch komplettiert wurde. LG DUV-Präsident Christian Mohr war der vierte Finisher er der LG. Bild: Jörg Stutzke
So waren meine Durchgangszeiten rund 47, 48, 49 min auf den ersten 30 km. – Eine Zielzeit unter 4 h. – Schön wär’s, aber ich habe während des Laufs nicht daran gedacht, dass ich es halten kann. Und so kam es. Auf den letzten 20 km ging meine Zeit deutlich runter. Wäre sonst ja fragwürdig. Nur mit Willenskraft und ohne Training geht es halt nicht.
Raimund Slabon, 6. März 2015