Bericht zum NIFCO KTW SEENLANDMARATHON 18. September 2016 und zum 43.-Berlinmarathon am 25.September 20116
Ich schreibe diese Zeilen während ich mit dem Fernbus vom Berlinmarathon nach Nürnberg fahre – und ich merke, ich bin zum Teil nicht ganz bei der Sache. Die Ursache ist schnell erklärt: ich bin nach etwas Pause, nun zwei „verhaltene“ Marathons gelaufen: Am Brombachsee in 3:57 Std und heute in Berlin 3:54 Std. Dabei bin ich mir einfach nicht sicher, wie ich selbst diese „Laufleistungen“ einschätzen soll.
Dazu muß ich ein wenig Rückblende einschieben. Nur eine Woche nach dem Mauerweglauf (100Meilen) von Berlin bin ich die 100-km-DM in Leipzig gelaufen. Dabei habe ich mich wohl schlichtweg etwas übernommen. Ich sah es als gute Vorbereitung für den Spartathlon (Ende Sept.) in Griechenland an – doch in Anbetracht das es meine 30. und 31. Marathons in 2016 waren – die meisten davon waren sogar Ultras, bin ich an meine körperlichen Grenzen gestoßen. Meine Teilnahme am 246km langen Spartathlon war/ist stark gefährdet!!
So entspannte ich einige Tage und die Laufschuhe blieben in der Ecke liegen. Ich stieg auch mal wieder auf den Crosstrainer und ging meiner Arbeit nach … gönnte mir „Wenigtun“. Die Lauflust war schnell wieder da – zumal dieser ganz besondere Lauf durch Griechenland natürlich weiter im Hinterkopf war. Die körperliche Erschöpfung und so manches heftige Zipperlein wichen allerdings nicht so schnell aus dem Körper.
Ich beschloss sogar den begehrten Startplatz für den Jungfrau-Marathon in der Schweiz verfallen zu lassen, da ich mir eine solch heftige Bergtour zu diesem Zeitpunkt nicht zutraute. Jedoch ohne weitere Wettkampfpraxis wollte ich keineswegs nach Athen fliegen. Wenn ich dort bin, möchte ich auch laufen ….. und eine „gewisse Chance“ haben ins Ziel zu kommen natürlich auch. So entschied ich mich als ersten Test für den Marathon am Brombachsee (ein 2-Runden-Kurs), der quasi bei mir um die Ecke stattfindet.
Es war das Wochenende, als das Wetter drehte und der Herbst erstmals sein regnerisches und etwas kühleres Gesicht zeigte. Das war alles Nebensache für mich – ich wollte einen MA finishen, ohne körperliche Gebrechen und mit guten Gefühl. Die Zeit war fast egal – ich hatte mich auf den langsamsten MA in meinen 15 Laufjahren eingestellt. Doch erstaunlicherweise war nicht nur die Lauflust nach 2-3km sofort wieder da, auch die Kraft/Ausdauer waren doch noch vorhanden – immerhin hatte ich vorher doch ein paar Trainingsläufchen gewagt.
Es ist ein richtig schöner Rund-um-den-See-Kurs – fast ständig den See im Blickfeld während man auf Rad- und Spazierwegen dahintrabt. Klar das Wetter vergraulte sicherlich ein paar Zuschauer. Doch alle paar Kilometer gab es Gruppen mit Musik unterschiedlichster Ausprägung, dabei meist eine kleine Schar von Anfeuerungswilligen. Das machte die Sache doch kurzweilig und unterhaltsam. Anfangs war es weitgehend trocken mit ganz wenig Nieselregen, bei ganz angenehmen Läufertemperaturen.
Als ich nach der 1.Runde um den See merkte, wie gut es mir noch ging, habe ich statt nachgelassen, noch leicht zugelegt. Da konnte mich der etwas intensivere Regen nicht davon abhalten So lief ich eine etwas schnellere 2.Runde und war mit meinen 3:57 Std sehr, sehr zufrieden.
3:57 Std bedeuteten Platz 90 in der Männerwertung und Platz 13 in AK M50
Doch diese Leistung wollte ich schon noch mal bestätigen, bevor ich mich auf den Weg nach Griechenland mache.
Ich nahm also meinen gebuchten Startplatz für den 43. Berlinmarathon wahr – ich musste noch kurzfristig ein Hotelzimmer suchen, da ich ob der Unsicherheit darauf verzichtet habe. Das eventuell umsonst ausgegebene Startgeld hätte mir schon genügt. Da ich jedoch auch schon am Sonntag wieder abreisen wollte, brauchte ich ein Zimmer bei dem ich vor dem Marathon bereits auschecken …. und hinterher aber noch duschen konnte. Gar nicht so einfach – zur Marathonzeit gelten in Berlin Messetarife! So suchte ich nach Restbeständen in Hotels mit Fitness bzw Wellnessraum, wo hinterher die Möglichkeit zum Duschen gegeben war – und ich fand eines.
Auf diese Weise stand ich zum 13.Mal (direkt hintereinander) am Start des größten deutschen Marathons. Diesmal waren wieder über 40.000 gemeldete Läufer(innen) – für mich immer wieder eine ganz besondere Atmosphäre. Ein buntes Läufervolk aus aller Herren Länder mit etwa einer Million begeisternde Zuschauer an der Strecke – ja das ist der Reiz, den der Berlin-MA auf mich ausübt.
Auf dem Startgelände war ich mit einem Lauffreund aus der Mönchengladbacher Gegend (ich habe Ihn heuer in Biel kennengelernt) verabredet. Da wir beide zeitig eintrafen. konnten wir uns endlich mal wieder persönlich austauschen.
Bei dieser Gelegenheit entstand dieses Foto: Sven Maubach und Roland Krauss 1 Std vor dem Start:
Aus dem Startblock E startete ich diesmal wieder – was bedeutet man darf tatsächlich mit dem 1.Startschuß loslaufen, doch eben nicht sofort …. das dauert schon ein wenig bis sich das große Läuferfeld bewegt. Ich habe fast 4Min gebraucht, bis ich die Startmatte überquerte. Spätere Startblöcke starten z.T. erst mit weiteren Startwellen. Durch die anfangs extrem breiten Straßen halten sich die Behinderungen doch in Grenzen – das mag weiter hinten durchaus anders sein, wie ich immer wieder von Laufkollegen erfahren habe.
Es gibt so einige Laufkollegen, die mir immer wieder versichern – ein Stadtmarathon mit all dem Gedränge, laufen durch Häuserschluchten nur über Asphalt – das ist nix für sie. Trails und Ultras in der Natur sind doch das einzig Wahre. Nun ich habe da wohl eine Sonderstellung, ich liebe das Eine, wie das Andere …. Im Wechsel kommt mir das gerade recht. Der Reiz liegt für mich in der Abwechslung – und heute war mal wieder „das Bad in der Menge“ angesagt.
Ich habe eine Pace so um die 6min pro km angepeilt, sollte es denn gut laufen, könnte ich mir eine Zeit, ähnlich der vor einer Woche vorstellen. Schon bevor ich km10 erreiche, merke ich, mit meiner Berlin-Erfahrung komme ich gut durch das Feld und ich liege knapp unter meiner Pace. Ein wundervoller Herbsttag in Berlin (wie zumeist beim MA) und das euphorische Publikum lassen mir kaum eine Wahl – ich muß dieses Tempo halten. Natürlich spielt mir meine körperliche Verfassung in die Karten: Ich fühle mich gut und nur die Vernunft hindert mich daran, volle Pulle zu gehen und etwas zu riskieren. NEIN, das muß nun wirklich nicht sein! Doch ich genieße die Anfeuerung, klatsche ständig entgegengereckte Kinderhände ab (sicher waren auch ein paar Erwachsenenhände dabei) – unter einer Brücke auf die ich zulaufe, höre ich Trommler, die rhythmisch auf riesige Fässer einschlagen … immer wilder… der Schall fängt sich dort besonders gut – Gänsehaut pur!!! Dann plötzlich ein Kommando –alle Stöcke nach oben … und der finale Schlag *WOW* – was für ein Erlebnis – ich mittendrin.
Das war eine der Ausnahmesituationen, wo ich gerne mal „die Sau rauslasse“ – ansonsten gilt meine Marschrichtung und ich bremse mich „etwas“ , denn das große Ziel steht ja noch bevor und ich will die kleine Chance nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Bei km30 ist mir klar, in derzeitiger Verfassung wird die Zeit vom WE zuvor noch zu toppen sein – und ich gestehe mir zu, es zu versuchen. Spätestens unter den Linden aufs Brandenburger Tor, weiß ich, es wird eine Zeit unter 3:55 Std – genauso kommt es dann auch:
Mit 3:54:25 überlaufe ich die Zielmatte – Platz: 11655 in der AK M50: Platz: 1.561
Weitere LG DUV-Läufer beim Berlinmarathon:
Hösl, Patrick (GER); M40; 03:19:09
Kruse, Jens (GER); M50; 03:38:23
Wie es der Zufall so will unter ca 40.000 Läufern entdeckt mich Jens – auch glücklich im Ziel. Wird unterhielten uns ein paar Minuten angeregt. Mensch Jens, schön Dich mal wieder getroffen zu haben und danke für Deine Glückwünsche!
Auch später im Zielbereich traf ich mich nochmal mit meinem Lauffreund Sven – wir freuten uns über die gemeinsame Zeit und ließen uns fotografieren.
Sven Maubach und Roland Krauss 1 Std nach Zieleinlauf:
Leider musste ich mich dann verabschieden, die Zeit drängte – Rückfahrt zum Hotel, Duschen im Fitnessraum und Aufbruch zum Busbahnhof.
Nun sitze ich hier; habe diesen Bericht niedergeschrieben, doch die Ungewissheit bleibt doch ein wenig. Die Anstrengung eines Marathons habe ich (zweifach) recht einfach bewältigt. Das gibt etwas Zuversicht und Mut. Jedoch beim Spartathlon erwartet mich ein 6facher MA – das ist eine ganz andere Hausnummer.
Ich werde nun vermutlich mit der Entscheidung zuhause ankommen:
Ich versuche es zumindest – es war im Jahr 2016 beständig mein großes Ziel, auf das ich hingearbeitet habe!
Ob ich meinen großen Traum (Finish in Sparta unter 36Std) verwirklichen kann…??? Der Wille ist schier übermächtig, doch spielt mein Körper mit – mögen die Götter des Olymps gnädig zu mir sein.
Ihr dürft mir gerne die Daumen drücken.
Herzliche Grüße von einem hin- und hergerissenen Roland
Text und Bilder: Roland Krauss, 25.9.2016