Finale – Etappe 19 von Garmisch-Partenkirchen zur Zugspitze (Sonnalpin)
Vorab ein paar Vorworte zu dieser Etappe, die uns zur Zugspitze führen sollte. Es gab sehr unterschiedliche Meinungen und Varianten (z.T. wetterabhängig), wie diese letzte Etappe aussehen, vor allem enden könnte. Dies alles kam beim letzten, sehr emotionalen Briefing zur Aussprache. Die Wetterprognose war sehr günstig und die Bergwacht gab „grünes Licht“ – so wäre ein Aufstieg bis ganz oben, zum „Münchener Haus“ theoretisch möglich gewesen. So plante der Veranstalter auch die Zeitnahme und das Finish des DLL dorthin zu verlegen. Er hatte aber die Rechnung erstmal ohne die Läufer gemacht! Viele waren sehr angeschlagen und konnten sich nicht vorstellen, die letzten 400 HM (entspricht ca 1:10 – 1:40Std) von Sonnalpin bis zur Münchner Hütte, zu gehen, kraxeln, wie auch immer zurückzulegen. Dieses Stück ist sehr, sehr gefährlich und das Risiko für einige entkräftete Läufer wäre entsprechend groß, dass da noch etwas passiert. Der Kompromiss auf den man sich dann geeinigt hatte lautete: Endzeitnahme und Finish ist am Sonnalpin (Seilbahnentfernung 3-4min zur Zugspitze, die z.Z. auch eine Großbaustelle ist). Das bedeutet ca 2.200HM von Garmisch, Start Kongresszentrum und 25KM (z.T. alpines Bergwandern). Auch das musste erst einmal zurückgelegt werden! Dann kann jeder auf eigene Verantwortung das letzte Stück hochklettern (ohne Zeitnahme), um dann mit der Bahn wieder zurück zu fahren! Schließlich kamen alle heil und gesund am Sonnalpin an, nur einige nahmen die Zusatzstrapazen des Aufstieges nach ganz oben in Kauf – zumal weder der Weg besonders interessant war, noch die Baustelle da oben besonders reizvoll war, wurde von den Dagewesenen so berichtet.
Der Startpunkt war an unserer Übernachtungshalle im Kongresszentrum in Garmisch, es durfte von 5-8 Uhr stündlich, nach Eigeneinschätzung gestartet werden. Die meisten Läufer befürchteten Zeit- bzw Hitzeprobleme und starteten gerne um 5Uhr. Auch Stefan Daum, gestern heftige Magen- und Verdauungsprobleme, selbst ein Abendessen brachte er nicht runter, machte sich fertig. Ich hätte fast verschlafen, da mich der Aufbruchslärm kaum weckte. So musste es schnell gehen und es reichte nimmer zum Frühstück. Ich fragte Stefan, wie es ihm geht und ob er sich das unter diesen Umständen zutraut. Er wollte es versuchen. Immerhin hatte er die Nacht über mehrere Bananen gegessen und sie hatten ihm gutgetan.
Karl Rohwedder, der Pechvogel, konnte nach dem Aus gestern auch heute nicht wieder antreten, was ich extrem bedauerlich finde, ich kann das sehr gut nachempfinden mit meinen vier Tagen DLL-Ausstieg.
Wir starteten also in der Dunkelheit und liefen, eher gingen und wanderten zur Partnachklamm, bis dahin dämmerte es noch, aber dort war es eh sehr lichtarm, deshalb war in unserer Pflichtausrüstung u.a. Kopf- bzw Taschenlampe enthalten. Ein beeindruckendes Teilstück war diese Klamm, durch die enge Schlucht stürzt das Wasser heftig hindurch und wir gingen in einem schmalen, deckenniedrigen Art von Tunnel, in dem immer wieder die Gischt der Partnach hineinspritzt. Bis zu deren Beginn hatten wir unsere gewohnten Wegmarkierungen (rosa Pfeile mit Sprühkreide), dann mussten wir uns auf die mitgegebene Beschreibung und Ausschilderung verlassen. Das ging leider ziemlich schnell schief, ein Läufer, der von sich sagte: Ich kenne mich hier gut aus, stürmte voran und die anderen folgen „fast blind“ – nach über 20min erreichten wir eine Weggabelung, die in beiden Richtungen nicht stimmen konnte. Ein zufällig vorbeifahrender Passant erklärte, wir müssen zurück, doch es gab viele Zweifler, die glaubten der GPS-Track wäre sehr nah dran. Doch letztendlich kehrten alle wieder um und es ging fast bis zum Ende der Klamm zurück, um dort die richtige Wegweisung zu nehmen – das bedeutete ca 40min Mehrzeit, sowie Kräfte, die wir da vergeudet hatten und Ärger. Von hier aus verkündete ein Wegweiser eine 8 std Wanderzeit bis zum Sonnalpin, ich hegte die Hoffnung doch schneller zu sein. Nun denke ich mir, dass man das jetzt auch nicht mehr ändern kann. Der weitere Weg bot keine großen Navigationsprobleme mehr. Doch es wurde zunehmend immer anspruchsvoller und anstrengender, was auch so zu erwarten war. Bis zum Reintaler Hof war alles noch gut machbar, auch die Hitze behelligte uns noch nicht. Es wurde beschwerlicher, doch entlang der Partnach war immer etwas kühlende Frische und so ließen die Meisten auch die Bockhütte und anschließend die Reintalangerhütte links liegen, die Getränkevorräte und Kräfte reichten noch. Bei KM19 endet die Bewaldungsgrenze, entsprechend mehr sind wir der Sonneneinstrahlung ausgesetzt und es beginnt der Felssteig zur Knorrhütte. Spätestens jetzt war für viele „schluss mit lustig“. Die Kräftereserven schwanden und die absolut andere Körperbelastung zum Laufen auf halbwegs ebenen Straßen und Wegen machte uns zu schaffen. Einige entgegenkommende Wanderer machten uns bereitwillig Platz – den „verrückten Wanderern mit Start-Nummern“ wie ich mehrmals zu hören bekam. Bis kurz vor dem Erreichen war sie kaum zu sehen, dann plötzlich war sie da – endlich die Knorrhütte (liegt auf 2.060HM), heiß ersehnt. Die Wasservorräte wurden aufgefüllt und fast alle gönnten sich eine kurze Pause. Ich aß eine Suppe mit Würstel und gönnte mir ein alkoholfreies Bier.
Dann ging es weiter, ein Wanderschild verkündete, nun nur noch 2 Std zum Sonnalpin. Ich lag gut in der Zeit, da ich für den zurückgelegten Weg ab Ende Partnachklamm bis hierher bestenfalls 3,5 Stunden gebraucht hatte, könnte also gut sein, dass ich in 1,5Std bereits auf dem Sonnalpin im Ziel bin. Doch galt es, sich erst einmal weiter auf den schweren Weg zu konzentrieren und die Kräfte einzuteilen. Es ging nun fast schneller als erwartet, nach nicht mal 1:20 Stunden entdeckte ich Sonnalpin, noch etwas entfernt. Das setzte Kräfte frei und nach weiteren Felspassagen und ein kleines Schneefeld begrüßte mich schon Oliver Witzke ein paar hundert Meter vor dem Ziel, auch die waren schnell überwunden und mein Ziel, an der Zugspitze anzukommen, war erreicht. Auch wenn es nun für mich kein kompletter Deutschlandlauf-Finish war, da mir vier Tage Laufen verletzungsbedingt fehlen – ein großer Wehrmutstropfen, aber auch nicht mehr, denn der Wiedereinstieg mit den vielen tollen Ergebnissen und Eindrücken von der Strecke, das war mir wichtiger. Die Motivation, ich konnte mich „durchbeißen“ und die mentale Stärke lassen auch mich stolz sein. Mit dem Zielbanner wurde ich begrüßt und gefeiert, ein Becher Sekt gehörte auch dazu – welch „Himmelsgefühl“ – es jubilierte in mir und ich konnte es kaum fassen, doch ca 1.000KM (statt der ca 1.300KM) des DLL gut überstanden zu haben.
Ich ersparte mir den „freiwilligen Restweg“ zum Münchener Haus, als ich viele Wanderer, wie Ameisen gleich, in der Entfernung durch das kommende Geröllfeld wandern sah und die Aussicht eine Baustelle am Münchner Haus zu erreichen (so wird es mir von Seilbahnfahrern und Hochwanderern berichtet), förderte nicht den Willen, meine Kräfte noch zu mobilisieren, die dazu sicherlich noch gereicht hätten.
Ich gönnte mir ein kleines Essen und fuhr anschließend mit der Bahn nach Garmisch zurück. Ich duschte und bereite mich für das Abendessen und die anschließende Siegerehrung vor. Nebenbei packte ich bereits, da ich keine Übernachtung mehr blieb, denn ich nutzte die Mitfahrgelegenheit mit Robert Wimmer, der nach der Feier sofort abgeholt wurde.
Das Abendessen war schon sehr ausgelassen und entspannt. Kein Wunder es folgte kein Briefing für den Folgetag – eine Siegerfeier stand an.
Es begann mit vielen Dankesworten für die vielen Helfern und Organisatoren, Oliver Witzke bekam im Namen der Teilnehmer eine Torte überreicht. Dann wurden alle Komplettfinisher des DLL der Reihe nach geehrt vom Zeitletzten (mit einer roten Laterne) bis zum Ersten. Sie bekam eine Medaille und einen Pokal überreicht, dazu ein paar Worte von Oliver. Darunter unsere LG Ultralauf – Teilnehmer: Konrad Vogl, Stefan Daum und Holger Hedelt! Sie alle haben alle Etappen komplett gefinisht. Doch auch Karl Rohwedder (Ihm fehlen die letzten beiden Etappen) und ich (mir fehlen Etappe 5-8), bekamen unseren Pokal und Medaille.
Dann musste es für mich schnell gehen. Es reichte leider nicht mehr für ein gemeinsames LG Ultralauf – Foto (wie geplant). Der Fahrdienst von Robert Wimmer wollte sofort los und ich konnte ihn nicht das überreden, etwas zu warten, deshalb ein etwas überstürzter Aufbruch und unvollständige Verabschiedung. Doch ich bin ja froh, noch nach Hause zu kommen, gegen 2:30Uhr hat mich mein Zuhause wieder ….. SCHLAFEN,SCHLAFEN …. und nicht laufen!!!
Text und Fotos: Roland Krauss, 3.8.2017
Link zum Deutschlandlauf Blog: Deutschlandlauf-Blog
Ein Wort von mir, der ich immer die Berichte online gestellt habe. Ich möchte und muss Roland einmal ganz unbedingt allergrößten Dank aussprechen! Dafür, dass er neben den anstrengenden Tagen sich immer noch die Zeit genommen hat, uns mit seinen Berichten an dieser einmaligen Veranstaltung hat teilhaben lassen. Oft hat er mir mitten in der Nacht die Berichte geschickt, obwohl bei ihm zu unchristlicher Zeit wieder der Wecker klingelte und ihm die fehlende Regeneration vielleicht sogar das Finish gekostet hat. Was Roland, die anderen Läufer, die Helfer und auch Oliver Witzke geleistet haben, ist unglaublich. Wir konnten dank der Berichte ein wenig dabei sein und mitfühlen. Man kann es aus der Distanz allerdings kaum ermessen – man muss schon dabeigewesen sein. Den Wunsch nach Ausschlafen und Erholen kann ich aber auch so sehr gut nachvollziehen. Sei dir gegönnt. Auch eine Laufpause sei dir gegönnt und sogar empfohlen, aber da ist ja in wenigen Tagen wieder der Mauerweglauf. Und der hat dir ja letztes Jahr so gut gefallen … Boahhh, na gut – wir sehen uns. Die Berichte von Roland wurden übrigens meist von 800 bis 1000 Personen gelesen, was für unsere Internetseite extrem gute Werte sind. Vielen Dank auch für das zahlreiche Interesse. Über den Blog sind alle Tagesergebnisse verlinkt. |