Bericht vom Skyrace Gran Canaria

¡Arriba! ¡Arriba! ¡Suerte! ¡Suerte!

Also, wer an seinem ersten Urlaubstag ohne Akklimatisierung um 01:00 aufsteht, um mal eben über Gran Canaria zu laufen, und das sage ich ohne jegliche Koketterie, der hat solide einen an der Marmel, dieser Wahrheit muss ich mich wohl stellen. „Ich sage aber auch“ (Danke Merkel): Das ist mein Leben, bis ich mir die Haxen breche.

So war das auf dem WUT schnell abgemacht, als ich von Figo erfuhr, dass sie einen Startplatz für das Skyrace Gran Canaria gewonnen hatte, aber nicht die Zeit hatte, ihn zu laufen, dass ich mich dieses Startplatzes erbarmte, wo ich doch ohnehin mit meinen Junx auf GC weile, auch wenn ich erst am Abend vorher landen sollte.

So fuhr ich dann ein paar Kilometer zum Ziel, von wo uns der Shuttlebus zum Start fahren sollte, was er auch tat, auf der Autobahn rund um die Insel, was dem einen oder anderen, unter anderem mir, nochmals eine gute Stunde bei unwiderstehlicher Panflötenmusik Zeit gab, über das Vorhaben nachzudenken. Denn ich wusste, dass ich zwar einiges an Marathons und Ultras in den vergangenen Wochen gelaufen bin, aber Höhenmetertraining in dieser markanten Form war nicht dabei.

Am Start stellte ich fest, dass ich nicht nur niemanden kannte, sondern auch der einzige Läufer aus Deutschland (für China hätte gleiches gegolten) war. Trotzdem kommt man ja irgendwie ins Gespräch, auch wenn, das muss man leider sagen, die Englischkenntnisse der Teilnehmer und Organisatoren ungefähr auf dem Niveau meiner Spanischkenntnisse lagen (pequeño). Naja, ich habe mich dann später noch sehr nett mit einer Elsässerin unterhalten, die gut Deutsch konnte und auch mein Französisch ist besser als eingeschätzt, wenn es denn charmant herausgefordert wird 😉

GC 8Aber erst Mal ging es um 05:00 arribamäßig los auf den ersten Berg, der quasi ohne Laufstrecken steil von Meereshöhe auf 1.400m führte. Da verstummten die Gespräche schnell, als jedem klar wurde, dass das nicht der Sternenhimmel ist, der über einem so schön leuchtet.

Reichlich geplättet kam ich also in einen schönen Wald in dem es ziemlich neblig wurde. Als die Sonne aufgegangen war, wusste ich was es war, denn jetzt schauten wir auf die Wolken. Alleine für diese Eindrücke noch vor der ersten VP, das war mir klar, lohnte sich der Lauf, auch wenn die eigentlichen Strapazen noch kommen sollten.

GC 4

GC 3

GC 5

Blöderweise hatte ich meine Salzpillen vergessen, und auf der VP schien man der Ansicht zu sein, dass nach schlappen 1400hm am Stück die Läufer mit gefrorenen Bananen und mit ohne Salz glücklich würden. Immerhin, Cola gab es. Sorry, lächerlich. Die sollten Mal bei Witzke, Klenke et. al. in Lehre gehen, wie VP geht.

Auch an der zweiten VP sah es nicht viel besser aus, aber da war wenigstens Stimmung (siehe Video auf Facebook). Bei den Ausblicken auch kein Wunder. Die armen Menschen, die einen GC-Urlaub verbringen, ohne die Insel gesehen zu haben. Nur so viel: Die Schönheit der GC-Natur lässt sich von der Autobahn noch nicht einmal erahnen. Lichtdurchflutete Wälder, gigantische Täler und Schluchten, alles da. Und man muss auch nicht selber rauflaufen, mit dem Auto kommt man zumindest in die Nähe (warum hat mir denn das keiner vorher gesagt).

Am großen VP3 gab es immerhin etwas warmes zu essen, und das war auch gut so, denn der Pico de las Nieves stand zur Besichtigung an, und das war jetzt nochmals richtig steil. Gut, dass er bis oben bewaldet ist, was ich nie für möglich gehalten hätte, denn so langsam fing die Sonne auch an zu knallen.

Beim Runterlaufen ging es erst noch durch schöne Wälder, VP4 kam vorbei, dann über romantische, aber schwer laufbare mittelalterliche Eselskarrenwege (breiter waren die halt nicht). Schon da mit nachlassender Konzentration wusste ich meine Stöcke zu schätzen. Noch einmal ein schöner Blick auf ein Felspanorama, dann ging es über Geröllhänge weiter runter zu VP5. Die dortige Talsperre und auch die nächste hatte leider nix, wenn man die Sengbachtalsperre kennt, das trübe Wasser wirkte ebenso wie die verrosteten Rohre auch nicht gerade vertrauenserweckend.

GC 5

GC 6

GC 7

Doch nun zum „letzten Berg“. Dort merkte ich dann in gleißender Sonne, dass ich meine Reserven aufgebraucht hatte und noch vor dem VP eine Pause brauchte, vielleicht hatte ich auch zu wenig Wasser oder habe die nicht guten Mangostücke nicht vertragen, vielleicht war das VP-Wasser auch nicht gut, wer weiß. Auf jeden Fall musste ich mich mal 5 Minuten hinsetzen. Andere Läufer fragten besorgt, ob alles klar ist, und wenn ein Läufer sagt, alles klar, dann ist auch alles klar.

An der VP6 musste ich mich dann nochmals hinsetzen und viel Wasser trinken. Das und ein kleiner Krampf (maximal 70% vom Hubut), woran das lag, war ja nun klar, bewog den „Sicherheitschef“, mich aus dem Rennen zu nehmen. Dieser Mensch mit dicker Plauze, der Ausstrahlung eines ausgestopften Teddybären (sorry, da muss ich jetzt streng werden) und mit ohne Englisch, war offenbar nicht in der Lage, zu begreifen, dass ein erfahrener Läufer mit mehr als 100 Marathons und diversen Ultras beurteilen kann, ob es ihm gut geht. Und so kündigte ich Teddybär an, dass ich mit oder ohne seiner blöden Bip ins Ziel laufen würde.

Es ging dann auch wieder besser auf dem letzten Berg, viele andere besorgte Läufer fragten solidarisch, wie es mir den ginge, stellten aber fest, dass ich in gleichem Tempo mithalten konnte, so what. Sie empfahlen mir auch, mich bei der Rennleitung wegen offensichtlich unbegründetem Ausschluss zu beschweren, aber sowas ist nicht wirklich meine Baustelle. I am running just for fun.

Auch Kollegen des Teddybären kamen mir nochmals entgegen und stellten nach mehreren Nachfragen fest, dass ich mich kontinuierlich in Richtung Ziel bewegte. GC 9Aber da sollte noch ein Downhill kommen. Und der war gemein. Zwar ging er gemächlich über kaum laufbare Geröllpfade hinab, aber der Blick auf die Uhr zeigte, dass wenige Kilometer vor der Ziellinie noch 600hm zu verlieren seien. Und der Blick ins Tal ging weit auf das Meer.

Oh-oh, das war ja klar. Scharf rechts in ein verblocktes Flussbett hinein, stacks stacks, und weiter runter. Trotz Stöcke habe ich mich dreimal hingelegt, aber so ist das mit den Erfahrungen. Mogan war zum Greifen nah, aber es kamen immer neue Flussbette.

Aber irgendwann kam es dann doch, noch einmal über die Matte, der Helfer wusste schon, warum die nicht piepte 😉 Aber es kamen noch vier Kilometer durch die Stadt. Aber die wurden gezogen, hallo. Wollte ja nicht den Moganern den Eindruck hinterlassen, dass man nur noch auf Gehilfen gestützt ins Ziel humpeln könnte (mir war ja schon danach). Und dann sah ich die Uhr: Noch eine knappe Minute bis zur nächsten vollen Stunde – klarer Fall.

Wenn man eben ein Ziel hat (ein kleines oder ein großes) dann geht eben schon noch was 🙂

Medaille umgehangen und dann fragte dann doch noch einer nach meiner Nummer. Knappe Antwort: Bitte beim Teddybären holen und dann auch gleich M50 eintragen 🙂

GC AFazit: Schöner Lauf, aber die Orga darf für die dritte Auflage noch draufpacken. Da waren viele herzliche und motivierte Helfer dabei, aber die Zielverpflegung (Bananen, Wasserkanister zweifelhafter Herkunft) passt einfach nicht zu einem Monster dieser Größenordnung, Startverpflegung gab es gar nicht. Und wenn man die Internationalität der Teilnehmerschaft hervorhebt, dann muss man das auf Englisch machen. So und bei mir ist jetzt mal eine Woche Pause. Oberhalb 10km läuft da nichts mehr (für zwei Wochen) ?

Tet und Bilder: Andreas Häußler, 22.04.2019

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