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Grundlagen Tempotraining
Text: Michael Irrgang
Strategischer Ansatz
Auf der DUV-Seite im Internet findet man unter „Trainingspläne“ folgende Aufstellung über mögliche Belastungen bei verschiedenen Wettkämpfen:
Man nimmt an, dass sich die Kurve Puls (Belastung) zur Geschwindigkeit bis zur anaeroben Schwelle annähernd linear verhält und dann abknickt (siehe beispielsweise http://de.wikipedia.org/wiki/Conconi-Test).
Im folgenden Diagramm stellt die rote Linie die Ausgangslage dar. Das Trainingsziel wäre, das Tempo im Bereich der 70%-Belastungsmarke zu steigern.
Die Idee, durch einen hohen Trainingsumfang bei niedriger Intensität das Tempo im unteren Belastungs-Bereich zu verbessern, entpuppt sich als fataler Irrtum! Insbesondere, wenn man ganz bewusst auf Wiederholungsläufe und intensive Tempoeinheiten verzichtet, wird es schwer, sein Niveau zu halten oder zu verbessern. Kurzfristig kann man sicherlich die Laufökonomie bei diesem Tempo verbessern, aber mittelfristig sind die Folgen klar: Man verlernt das schnelle Laufen! Die Muskulatur entwickelt sich zurück, das Herz-Kreislaufsystem, das Bewegungsspektrum; die Sauerstoffversorgung der Muskulatur durch die Blutgefäße lässt nach. Es gibt Läufer, bei denen das Wettkampftempo für alle Strecken von 10 km über Marathon bis zu 100 km nahezu gleich ist. Bei einem Tempolauf brauchen sie ihr Wohlfühltempo nur geringfügig zu steigern, um hohe Pulswerte zu erzeugen. Man kann sicher sein, dass, wenn der rechte Teil der Leistungs-Potential-Kurve sinkt, dieses Ende den gesamten Graphen nach unten zieht!
Die Strategie kann also nur sein, durch die richtigen Trainingsreize das läuferische Vermögen im Ganzen „auf ein neues Niveau“ zu heben! Interessanterweise kann man sogar durch Tempotraining die anaerobe Schwelle nach rechts oben verschieben! Das ermöglicht bei Wettkämpfen von 10km bis Marathon ganz andere Belastungswerte und Geschwindigkeiten und ist ein Grund dafür, warum die Bandbreite der möglichen Belastung in der obigen Tabelle bei diesen Strecken recht hoch ist. Konkret: Wer regelmäßig Wiederholungsläufe in sein Training einstreut, kann den Marathon mit einem höheren Durchschnittspuls laufen, als jemand der Wiederholungsläufe nicht trainiert!.
Einige Definitionen
Durch die Energieumsetzung wird im Muskel Laktat gebildet. Laktat ist das Salz der Milchsäure und wirkt sich wie ein „Stoffwechsel-Gift“ nachteilig auf die Muskulatur aus. Je schneller man läuft, desto mehr Laktat wird gebildet. Bis zur anaeroben Schwelle befindet sich jedoch Laktatbildung und -abbau im Gleichgewicht.
An der anaeroben Schwelle wird bei einem relativ hohen Puls ein ziemlich flottes Tempo gelaufen, welches häufig auch aerobe Leistungsfähigkeit genannt wird. Dieser Punkt, auch Deflexionspunkt (siehe Definition Conconitest) genannt, definiert einen bestimmten Pulswert und ein Lauftempo und wird in einigen Trainingsplänen zu Recht als Basiswert für die einzelnen Belastungsstufen genutzt, da er bessere Vorgaben liefert, als sich am Maximalpuls zu orientieren! Nur für eine kurze Zeit kann man noch etwas schneller laufen und eine Laktatanhäufung in Kauf nehmen. Das absolute Maximaltempo nennen Wissenschaftler die anaerobe Leistungsfähigkeit und kann vielleicht 20 Meter gehalten werden. Durch ein intensives Tempotraining ändert sich nicht der Maximalpuls, wohl aber die „anaerobe Schwelle“. Daher muss man bei den Wiederholungsläufen nach einigen Wochen aus zwei Gründen die Vorgaben erhöhen: Erstens läuft man ökonomischer, d.h. mit dem gleichen Puls läuft man schneller und zweitens muss man seinen Belastungs-Puls erhöhen, will man exakt an der anaeroben Schwelle trainieren, weil sich die Schwelle verschiebt. Daher ist es ausgesprochen sinnvoll, regelmäßig durch einen Conconitest seine anaerobe Schwelle zu ermitteln.
Das wichtigste Trainingselement ist der Wiederholungs- oder Intervalllauf, bei dem sich mehrfach schnelle und langsame Laufstrecken abwechseln. Es gibt alleine ungefähr 1000 Varianten von Wiederholungsläufen. Man kann die Länge der schnellen und der langsamen Teile ändern, das Tempo und die Zahl der Wiederholungen oder die Gestaltung der Pausen. Eine typische Beschreibung wäre: 8 Mal 1.000 Meter schnell in 3:45er Tempo, in den Pausen 200 Meter im 5:15er Tempo gemütlich joggen. Es gibt aber auch kompliziertere Varianten, z.B. kann man die Länge variieren (Pyramiden-Laufen), oder die 1.000 Meter als crescendo laufen, also „alle 250m das Tempo um 10 sec/km erhöhen“ oder in den Pausen kann man erst gehen, dann joggen.
Grundsätzlich kann man zwischen extensiven und intensiven Wiederholungsläufen unterschieden. Bei den intensiven wird im anaeroben Bereich gelaufen, bei den extensiven nicht, daher sind hier die Erholungsphasen in der Regel kürzer. Bei den intensiven Läufen kumuliert sich in den Tempophasen Laktat. Je nach Pausenlänge und –gestaltung wird das Laktat vollständig abgebaut. Für Ultraläufer empfehle ich unbedingt, bei den intensiven Wiederholungsläufen lange Joggingpausen einzulegen, um möglichst viel Laktat abzubauen.
Beim Pyramidentraining, das viele Läufer wie Trainer bevorzugen, läuft man beispielsweise zunächst 4 x 200 m schnell, dann 2 x 400 m, dann 1 x 800 m, dann 2 x 400 m und schließlich wieder 4 x 200 m. Oder 1.000 – 2.000 – 3.000 – 2.000 – 1.000. Dieses Training ist etwas komplizierter zu planen und durchzuführen, da sich permanent die Strecken und Tempi ändern. Dadurch bedingt hat man gefühlte 1000 Stellschrauben, an denen man drehen könnte, um eine Unter- oder Überforderung auszugleichen. Dennoch gibt es natürlich auch einige positive, methodische und psychologische Aspekte bei dieser Form des Intervalltrainings.
An einigen Stellen erwähnte ich die maximale Herzfrequenz. Dieser Wert ist relativ fest, d.h. er lässt sich durch Training nicht verändern, allerdings fällt dieser Wert kontinuierlich, etwa von Jahr zu Jahr um einen Schlag! Die Hf-Max beziffert die höchstmögliche Herzfrequenz, die beim Laufen auftreten kann. Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten sie zu ermitteln, z.B. Steigerungslauf oder Berglauf, allerdings ist es nicht einfach, wirklich seine absolut maximale Belastung zu erzeugen.
Die Grafik ist von Wikipedia: Conconitest
Der Conconi-Test ist eine einfache Methode, um seine anaerobe Schwelle zu bestimmen. Man benötigt dazu eine vermessene Strecke, eine Geschwindigkeitskontrolle und einen Herzfrequenzmesser. Üblicherweise macht man so einen Test auf der Bahn, aber auch mit GPS-Uhren oder Fußsensoren wäre es möglich. Nach dem Einlaufen startet man mit einem vorgegebenen Tempo und läuft exakt 200 Meter, anschließend erhöht man sein Tempo um 0,5 km/h und läuft wieder 200 Meter. Das wiederholt man dann ohne Unterbrechung, bis keine Steigerung mehr möglich ist. Aus den Aufzeichnungen der Uhr kann man dann zu jedem Intervall das Tempo und den Maximalpuls auslesen und in ein Diagramm einzeichnen und so seine „anaerobe Schwelle“ am Knickpunkt ablesen.
Allgemeines
Viele Läufer setzen Intervalltraining (Wiederholungsläufe) mit Bahntraining gleich. Das ist erstens sachlich Unfug und zweitens vielleicht sogar methodisch falsch. Einige meiner Wiederholungsläufe mache ich auf asphaltierten Wegen zwischen Getreide- und Erdbeerfeldern auf einem ungefähren Quadrat mit einer Kantenlänge von ca. 550 Metern. Das passt wunderbar! Manchmal laufe ich auch um unseren Häuserblock: Diese Runde ist knapp 900 Meter lang und eignet sich hervorragend für meine „200er“, die eigentlich 240m lang sind. Auf diesen Laufstrecken habe ich mir Punkte gemerkt, z.B. Bäume oder Schilder und mit dem Rad, bzw. GPS die Länge exakt vermessen. Wenn meine 1.000-Meter-Intervalle dann 1.120 Meter lang sind – ist das ziemlich egal. Hauptsache, dass Tempo kann exakt ausgerechnet und verglichen werden!
Bahntraining hat allerdings den Vorteil, dass man alle 100 Meter sein Tempo kontrollieren kann. Das ist insbesondere beim Conconitest ziemlich wichtig.
Ansonsten gibt es neben dem Runden-Drehen auf Asphalt oder der Tartanbahn auch die Variante, dass man auf einer langen Runde seine Tempoeinheiten läuft. Diese sollte dann allerdings flach und windgeschützt sein, um die einzelnen Zeiten vergleichen zu können. Sie bietet sich beispielsweise im Urlaub an, wenn keine Bahn vorhanden und keine Strecke vermessen ist. Hier kann man moderne Uhren mit GPS oder Fußsensor so einstellen, dass sie sich nach einer bestimmten Zeit oder Strecke bemerkbar machen. Man kann aber auch manuell Rundenwechsel festlegen und so schnelle von langsamen Trainingsmetern trennen und später am Computer genau auswerten. Das ermöglicht Wiederholungsläufe auf einer langen, ggf. unbekannten Strecke und geht sogar im Dunkeln – wenn man will und mit der Anleitung der Handgelenkscomputer zu Recht kommt!
Man kann natürlich auch nach Zeit laufen. Statt 1.000 Meter schnell und dann 1.000 Meter langsam zu laufen, könnte man auch 4 Minuten schnell und dann 6 Minuten langsam laufen, das nennt man dann häufig Minutenläufe.
Allerdings finde ich es psychologisch einfacher, nach Strecke zu laufen, z.B. bis zur kommenden Laterne schnell, anstatt zu warten bis die Uhr nach 4 Minuten wieder piept. Selbst eine Minute kann sooooo lang sein! Insofern bin ich bei den intensiven Einheiten ein Freund von Rundendrehen. Bei den extensiven laufe ich hingeben meine gewöhnliche Hausstrecke und habe die „Autorunde“ auf die lange Strecke eingestellt, damit sie automatisch beendet wird, starten tue ich sie manuell. Dadurch werden die langsamen Phasen mal 10 oder 20 Meter länger, dennoch hat sich das so irgendwie bewährt.
Wichtig ist nur die Dokumentation, dass man weiß, wie lange man wie schnell unterwegs war.
Die Effekte von Wiederholungsläufen sind vielfältig: Es geht um Tempohärte, Motorik, Laktattoleranz, Energiestoffwechsel, Verschiebung der anaeroben Schwelle, Gefäßkapillarisierung und vieles mehr. Um bei 70% der maximalen Herzfrequenz schneller zu laufen, sind einige Aspekte wichtig, andere weniger. Laktattoleranz weniger, dafür aber die Verbesserung der Motorik und der aeroben Leistungsfähigkeit umso mehr.
Ich bevorzuge Asphalt, weil meine Wettkampfstrecken auch auf Asphalt sind. Wären sie im Wald, würde ich auch meine Wiederholungsläufe im Wald machen. Laufen auf der Tartanbahn ist ein ganz anderes Laufen. Da die Dämpfung in der Bahn ist, braucht man andere Schuhe. Trotzdem sind die orthopädischen Belastungen und der Laufstil ganz anders. Schon der Aspekt, dass man fast immer eine Kurve rennt, gefällt mir gar nicht. Und dann immer in die gleiche Richtung! Nee, ich meide die Bahn grundsätzlich und glaube, dass sie eher schlecht für uns ist: Wir sollten in gewohnten Straßenlaufschuhen auf Asphalt bleiben!
Ich bin kein Freund von Pyramidentraining, sondern versuche immer eine bestimmte Anzahl schneller Einheiten gleicher Länge in der gleichen Zeit zu laufen. Dabei ist es wichtig, dass ich mein Lauftempo mit dem geplanten Tempo vergleichen, vielleicht sogar unterwegs korrigieren kann – das ist natürlich ein großer Vorteil der Bahn und kann durch Uhren mit Geschwindigkeitsmessung nicht annähernd ausgeglichen werden! Wenn ich also z.B. 10 x 1.000 Meter laufen möchte, so überlege ich mir ein ganz konkretes Tempo, z.B. 3:45 min, welches ich in jeder Runde genau treffen möchte. Ebenfalls wichtig ist, dass ich erstens sowohl während einer Strecke als auch in der Tendenz nicht langsamer werde – eher könnte man versuchen, bei intensiven Läufen die letzten beiden Intervalle etwas schneller zu laufen. Gelingt dies, würde ich das nächste Mal das Tempo vielleicht etwas heraufsetzen. Zweitens sollte die Addition der Zeiten minimal sein, d.h. im Idealfall würde ich für die 10km exakt 37:30 Minuten laufen. Drittens ist es sehr zweckmäßig, dieses Training genau zu protokollieren, d.h. die Serie exakt aufzuschreiben, um das nächste Mal einen Vergleich zu haben und dabei ggf. das vorgegebene Tempo anzupassen. Es ist auch sehr interessant, wenn man zu der Tempokurve auch die Herz-frequenzkurve sieht. Einige Computerprogramme können aus den Daten die tollsten Analysen und Graphiken berechnen.
Das Tempotraining ist nicht frei von Gefahren, da es eine recht hohe orthopädische Belastung darstellt. Spötter formulieren es so: Tempo tötet! Viele Verletzungen entstehen tatsächlich während oder aufgrund von ambitioniertem Tempotraining. Auch dadurch, dass es sich bei vielen im Prinzip „einfachen Koordinationsübungen“ vielfach um „ungewohnte Bewegungen“ handelt, weisen die benötigten Muskeln und Bänder nicht alle die notwendige Flexibilität auf. Zerrungen können die Folge sein. Vorsicht ist geboten!
Insgesamt gibt es ein paar Regeln für einen langfristigen Aufbau, die es zu beachten gibt:
- Also immer langsam steigern und erst einmal mit Koordinations- und Kräftigungsübungen anfangen, dann am Laufstil arbeiten. Bloß nicht versuchen, sofort (wie früher) die 100 Meter unter 12 Sekunden zu sprinten! Wir wollen den Tempodauerlauf trainieren nicht den Sprint – das ist eine andere Disziplin!
- Aus der Regenerations- und Grundlagenphase muss man erst einmal die Bewegungsmuster üben, bevor man eine hohe Zahl von Wiederholungen anstrebt. Je nach physiologischen Vorkenntnissen kann so eine Phase „Motoriktraining“ kürzer oder länger sein.
- Neben der Überlegung, wann man so einen 3- bis 5-Wochen-Tempoblock in seine Jahresplanung einschiebt, spielt auch die wöchentliche Verteilung der Trainingseinheiten eine große Rolle. Gerade die Regeneration nach intensiven Tempoeinheiten darf nicht unterschätzt werden. Intensive Wochen sind Wochen mit niedrigen Kilometerumfängen!
Bei Wiederholungsläufen in der Gruppe ist zu beachten, dass jeder sein Tempo läuft! Auf der Bahn macht das gar nichts, wenn man sie allerdings im Gelände läuft, ist es schön, wenn die Gruppe bei den langsamen Teilen wieder zusammenfindet, um später gemeinsam das Temposegment zu starten. Ein Tipp: Beim „gehen/joggen“ wird die Laufrichtung geändert, bis die Gruppe wieder vollständig zusammen ist. Der Langsamste wird abgeholt! Es ist eine Unart, wenn die schnellsten Läufer „langsam weiterlaufen“ – dann haben alle langsameren Läufer nicht ihre notwendigen Pausen! Alternativ lasse ich auch schon einmal alle Leute rückwärts weiterlaufen, bis der letzte Läufer sie „erlöst“!
Jeder Trainer und Autor hat seine eigenen, speziellen Empfehlungen, die sicherlich alle auf Erfahrungen basieren und gut gemeint sind. Doch Vorsicht: Nicht alle Vorschläge sind gleichermaßen für jeden sinnvoll! Wenn man „irgendwelche“ Einheiten probiert, von denen man irgendwo gelesen hat, sollte man folgende Punkte berücksichtigen:
- Die Trainingslehre der Leichtathletik hört spätestens bei Marathon auf – „Langstrecke“ meint im Allgemeinen Streckenlängen zwischen 1.500 und 10.000 Metern! Je kürzer die Wettkampfstrecke ist, desto mehr anaerobe Tempoeinheiten und –kilometer müssen ins Training eingebaut werden. Unsereiner braucht eigentlich nicht viel. Also höchstens eine mit fünf Prozent des Wochenumfanges.
- Viele Trainingspläne kommen aus dem Jugend- und dem Erwachsenenbereich – die meisten von uns sind jedoch Senioren, d.h. sind jenseits der 35! Ältere Läufer müssen mehr Regenerationszeit einplanen.
- Die meisten Trainingsformen setzen eine „leichtathletische Grundausbildung“ voraus – Ultraläufer sind häufig Quereinsteiger und/oder haben erst spät mit dem Laufen begonnen! Da sind der Beweglichkeit teils deutliche Grenzen gesetzt und die Koordination ist mühsam zu verbessern.
Aufbau einer Saison
Viel Tempotraining braucht man als Ultraläufer nicht! Meine Empfehlung wäre, zweimal im Jahr einen Tempoblock einzuschieben und ansonsten ein- bis zweimal in der Woche ein Tempoelement in den Trainingsplan einzubauen, um die Grundschnelligkeit zu erhalten.
Intensive Wiederholungsläufe sind bei großer Kälte unter anderem aufgrund der Belastung für die Bronchien völlig tabu. Lauf-abc, andere Koordinations- oder Kräftigungsübungen würde ich entweder gar nicht machen oder irgendwie drinnen in einer Halle oder im Wohnzimmer.
Im Winter kann man allerdings ab und zu draußen Tempoläufe machen, wenn man die richtige Kleidung hat. Ansonsten kann der kühlende Schweiß schnell zu einem Problem werden und eine Erkältung fördern. Je nach Witterungsverhältnissen bieten sich auch Crossläufe und Läufe im Schnee an. Sie fördern Kraft und Koordination und bilden eine gute Grundlage für das spätere Tempotraining.
Natürlich kann auch man jederzeit auf dem Laufband einen Tempodauerlauf machen, Wiederholungsläufe würde ich aber niemanden empfehlen.
Auch bei großer Hitze sollte man auf dieses Training verzichten, allerdings ist es auch eine Veranlagungssache, inwieweit der Einzelne Hitze verträgt.
Man sollte zunächst mit Übungen zur Koordination und Kräftigung des Bewegungsapparates beginnen und allmählich mit den Tempoläufen starten, die durchaus die Orthopädie stark beanspruchen. Man kann Verletzungen alleine dadurch vermeiden, dass man vorsichtig an die Sache herangeht und sich nur langsam steigert.
Viele Vereine bieten in der Wintersaison Koordinations- und Krafttraining an. Einige Läufer gehen im Winter häufiger ins Fitnessstudio. Beide Ansätze sich sehr zu begrüßen!
In der Übergangsphase geht es darum, die Beine an die „andere Bewegungsart“ zu gewöhnen: An einen größeren Schritt, stärkeren Kniehub, mehr Armarbeit und einen erhöhten Sauerstoffbedarf.
Als erste Gewöhnung kann man mit der Übung „lange Steigerungsläufe“ beginnen: Aus dem gemütlichen Joggen heraus wird in vier Steigerungen das Tempo bis zur Maximalgeschwindigkeit erhöht: Beispielsweise erst 50 Meter im Marathon-Tempo, dann 50 Meter im 10.000 Meter-Tempo, dann 50 Meter im 1.000 Meter-Tempo, dann 30 bis 50 Meter im 100-Meter Sprinttempo, dann ggf. 50 Meter gehen, 200 Meter traben, dann wieder steigern. Wichtig ist mir dabei, dass immer bewusst, stufenweise beschleunigt wird; dass man bewusst die Bein- und Armbewegung sowie die Atmung ändert. Bei der dritten Steigerung (1.000-Meter-Tempo) sollte die Bewegung für einen Beobachter immer noch flüssig und locker aussehen, also beispielsweise kein Verdrehen der Schulterpartie und kein Hüpfen! Diese Übung wird auch manchmal als „Laternenlaufen“ bezeichnet, da die Laternen meist den richtigen Abstand haben und insbesondere im Dunkeln eine gute Orientierung bieten. Diese Übung führt die Läufer an die schnellen Bewegungsmuster heran. Bei drei bis fünf Wiederholungen gegen Ende von kurzen Trainingseinheiten reichen die Trainingsanreize für eine Gewöhnung an die schnelleren Laufgeschwindigkeiten aus. Das kann man ruhig zwei-, dreimal die Woche machen. Auch zur Erhaltung der Grundschnelligkeit kann man solche Trainingseinheiten jederzeit einstreuen, z.B. beim Tapern.
Eine Trainingseinheit könnte so aussehen:
- 6 bis 8 km extensiver Dauerlauf
- 5 x jeweils 200m mit Steigerungen, dann 50 m gehen, dann 150 m joggen
- 1 km auslaufen
Das wären dann in Summe 9 bis 11 km, also eine kleine, abwechslungsreiche Trainingseinheit.
Die nächste Stufe wäre die Phase „Motorik-Training“, bei es darum geht, die Beweglichkeit zu verbessern und das Bewegungsmuster auf längere Strecken auszudehnen.
Schließlich kommt der 3- bis 5-wöchige Tempoblock, in dem sehr intensiv die Schnelligkeit trainiert wird. Diese Wochen sind orthopädisch sehr belastend und gehen mit einer niedrigen wöchentlichen Kilometerzahl einher.
Im Frühjahr ist der beste Zeitpunkt im Jahr, um mit einem Tempoblock zu starten. Das umfangorientierte Grundlagentraining in den dicken Klamotten ist vorbei, die Garderobe wird spärlicher und die ersten Wettkämpfe stehen vor der Tür. Die Ausdauer ist da, das Tempo fehlt – jetzt geht es los!
Läuft man zu Beginn einen 10km-Lauf und nach der Zeit, so sollte sich innerhalb der fünf Wochen die Zeit um 2 bis 3 Minuten verbessern!
Wenn das Training dann wieder umfangreicher wird mit Doppeldecker und harten Ultrawettkämpfen kann man nicht gleichzeitig Tempo trainieren, siehe hierzu die Vorschläge zum Erhalt der Grundschnelligkeit. Allerdings kann und sollte man eine Tempoeinheit je Woche einbauen, entweder als Tempodauerlauf oder als extensiver Wiederholungslauf. Auch die berühmten 5-Steigerungen am Ende einer kurzen Trainingseinheit gehen eigentlich immer – außer, falls es sich um einen Regenerationslauf handelt. Falls man zwei Hauptzyklen im Wettkampfjahr hat, folgt z.B. nach dem Halbjahreshöhepunkt im Mai/Juni erst einmal eine absolute Laufpause, dann zwei Regenerationswochen mit z.B. 3 x 10 km und 1 x 20 km, bevor das klassische Saisonaufbauprogramm erneut beginnt. Also erst Anzahl der Trainingseinheiten erhöhen, dann den Umfang. Jetzt würde man normalerweise das Wettkampftraining folgen, aber man könnte an der Stelle auch noch einen Tempoblock einschieben. Hier würde dann zu Gunsten der Qualität der Umfang wieder reduziert. In der anschließenden Wettkampfvorbereitung wird dann versucht, das höhere Tempo auf längere Strecken zu halten.
Weil der Körper diese Tempofähigkeit relativ schnell wieder verlernt, muss man sich stets bemühen, sie zu erhalten und muss sie trotzdem nach jeder Regenerationsphase, bzw. vor jedem Wettkampftraining wieder neu erarbeiten. Daher ergibt sich beinahe zwangsläufig, warum man eigentlich kaum mehr als zwei Jahreshöhepunkte haben kann, auf die man sich zielgerichtet vorbereitet.
Aufbau einer Trainingseinheit
Die Trainingseinheit sollte gut geplant sein. Man sollte ausgeruht sein, sich am Tag zuvor also eher schonen und das Tempotraining als Hauptteil der Trainingseinheit betrachten, also mit einem Aufwärmprogramm beginnen, bei dem durchaus auch ein wenig (statisch) gedehnt werden darf und danach wird noch ein wenig ausgelaufen.
Das folgende Aufwärmprogramm kann man vor beliebigen Tempoläufen aber auch in kurzen Trainingseinheiten einsetzen. In langen Einheiten oder vor Wettkämpfen eher nicht; falls es kalt ist, auch nicht.
Man läuft zunächst zwei bis fünf Kilometer, bis einem warm ist und die Muskeln gut durchblutet sind. Anschließend leichte Gymnastik und leichtes Dehnen, wobei das Ziel die Erhöhung der Beweglichkeit ist. „Dehnen“ ist sicherlich ein sehr kontroverses Thema. Einige dehnen sich aus Überzeugung und Erfahrung nie; andere neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen folgend nur danach; viele der Spitzenläufer ganz bewusst gar nicht! Wenn ich an dieser Stelle „dehnen“ vorschlage, geht es darum, die Muskulatur zu lockern und die Beweglichkeit zu erhöhen, also auf keinen Fall das „ganze Programm“!
Jetzt folgen einige Übungen aus dem Lauf-abc, um die Koordination zu schulen. Falls man im Winter in einer Turnhalle trainieren kann, sollte man Koordinations- und Athletiktraining durchaus als Hauptteil einer Trainingseinheit zur Verbesserung der Koordination und Steigerung der Kraft einplanen. Als Aufwärmprogramm würde ich allerdings lediglich wenige Übungen auswählen. Vorsicht bei allen Arten von Sprüngen! Diese Übungen bergen eine hohe Gefahr der Verletzung: Viele Erwachsenen sind einfach zu schwer sowie die Muskulatur und die Koordinationsfähigkeit unzureichend entwickelt. Anfersen, Skippings, Seitwärtslaufen sind ok; Kniehebeläufe und Steigesprünge sind grenzwertig. Schließlich folgen „kurze Steigerungsläufe“. Sie haben nur eine Länge von 50 bis 80 Meter und werden mit einer konstanten Beschleunigung gelaufen. Wichtig ist hierbei, dass der Läufer sich sein Tempo einprägt, mit dem er folgend die Tempoeinheiten laufen will. Nun ist der gesamte Körper und Geist auf die anstehende Belastung vorbereitet!
Diese Vorbereitung mache ich persönlich nur vor den Wiederholungsläufen. Bei Tempoläufen laufe ich eigentlich von Beginn an mäßig schnell und beschleunige etwa nach zwei Kilometern auf das gewünschte Tempo.
Eine Kombination von Trainingseinheiten ist natürlich möglich. Grundsätzlich sollte man Koordinations- und Kraftübungen, also auch Tempoelemente immer an den Anfang einer Trainingseinheit stellen, also 15 km auslaufen sind möglich, 15 km einlaufen dagegen nicht sinnvoll. Die beschriebenen langen Steigerungsläufe am Ende der Trainingseinheit bilden eine Ausnahme, weil die Einheit im Ganzen recht kurz ist! Der Klassiker ist das Fahrtspiel, bei dem man in einen langen Lauf Temposequenzen aufnimmt, allerdings eher spielerisch, ohne feste Längen- und Tempovorgaben. Ein paar Ideen sind im Kapitel „andere Formen des Tempotrainings“ beschrieben.
Tempotabellen
Nach P. Greif: Countdown zur Bestzeit. Er beschreibt in seinem Standardwerk für die einzelnen Trainingsbereiche regenerativer/extensiver/intensiver Dauerlauf, 15 km-/10 km-Tempodauerlauf und 1.000-/2.000-/3.000-Meter Intervallläufe die möglichen Bandbreiten sowohl als Tempovorgabe relativ zum Marathonrenntempo als auch als Herzfrequenzvorgabe als Prozentwert vom Maximalpuls. Bei den Wiederholungsläufen ist eine Orientierung am Puls allerdings nicht möglich. Die zweite und dritte Spalte zeigt die Differenz zum Marathonrenntempo an, die letzten drei Spalten zeigen die berechneten Tempovorgaben bei verschiedenen Marathonzeiten bei einer Zielzeit von 3:00, 3:30 und 4:00 Stunden, bzw dem entsprechenden Marathonrenntempo (MRT). Aus der Anleitung geht hervor, dass es sich bei den Wiederholungsläufen um intensive Intervalle mit vollständiger Erholung handelt.
Die Trainingsvorgaben des Countdowns beschreiben das Wettkampftraining für einen Marathonläufer und sind für Ultramarathonläufer viel zu intensiv! Ich selbst laufe etwa 50 % meiner Trainingskilometer langsamer als 1 Minute über Marathonrenntempo und würde das nicht als regenerativ beschreiben!
Auf der anderen Seite laufe ich die Intervalle schneller als von Greif vorgegeben. Ich führe das darauf zurück, dass ich mein Leistungsvermögen bezüglich meiner Marathonzeit noch nicht ausgeschöpft habe und dies vermutlich auch nie tun werde!
Vorschläge zur Tempovorgabe
- Regenerativ: 90-105 sec über Marathontempo. 90 entspricht dem 24-Stundenlaufanfangstempo
- Extensiv: 60-90 sec über Marathontempo
- Mittelintensiv: 30 sec über Marathontempo
Ich habe hier für die „intensiven“ Vorgaben die Greif’chen Werte eingesetzt, wobei ich persönlich etwa 5 sec schneller laufe und weiß Gott kein Sprinter bin.
Wie lange man in einem bestimmten Tempo laufen kann, hängt von sehr viel verschiedenen, durchaus trainierbaren Faktoren ab, z.B. von der Laufökonomie, dem Gewicht, von der Sauerstoffversorgung, vom Energiestoffwechsel, der im Körper gespeicherten Menge an Glykogen und natürlich vom Trainingszustand. Insofern halte ich meine Vorgaben nur für grobe Richtwerte. Spätestens nach der zweiten Einheit kann man für sich die richtigen Tempi definieren. Aber Vorsicht: Die Werte ändern sich durch das Training wöchentlich! Wäre ja auch blöd, wenn das nicht so wäre.
Regelmäßige Leistungstests
Das Ergebnis vom Tempotraining ist leicht messbar und damit vergleichbar. Zum einen sollten sich die Wettkampfzeiten verbessern, zum anderen die Relation Herzfrequenz/Tempo verschieben, d.h. man läuft einerseits bei maximalem Tempo schneller andererseits bei gleicher Herzfrequenz schneller als früher. Ich finde es nur vom Grundsatz wichtig, dass man beobachtet, ob man schneller wird, denn es gibt nichts Motivierenderes als einen Fortschritt messen zu können!
Jemand der immer seine Herzfrequenz misst, stellt solche Effekte sehr schnell fest. Andererseits ist es wichtig, dass die Bedingungen vergleichbar sind. Je nach Wetter, ggf. Ampeln, Weguntergrund, Höhenmeter, Tageszeit, Vortagestrainingseinheit usw. können Herzfrequenzen und Zeiten bei gleicher Streckenlänge stark variieren, daher mache ich meine Leistungstests unregelmäßig auf meinen Hausstrecken.
Ich schlage drei Tests vor. Bei den ersten beiden ist die Streckenlänge und die durchschnittliche Herzfrequenz vorgegeben. Natürlich kann jeder sich selbst auch reproduzierbare Tests überlegen, z.B. Hausrunde oder einen Bergsprint oder dergleichen. Schön ist, wenn man über Jahre immer wieder die gleichen Tests macht und anhand dessen die Form vergleichen kann.
- 70%-Tempo: 2 km Einlaufen, dann 30 km gemütlich und gleichmäßig laufen.
- 85%-Tempo: 2 km Einlaufen, dann 10 km maximal schnell und gleichmäßig laufen.
- 95%-Tempo: Aufwärmen (s.o.), dann 5 mal 400 Meter so schnell es geht, dann 200 Meter gehen, dann 400 Meter joggen. Dabei immer alles geben, d.h. in Kauf nehmen, dass man ggf. gegen Ende langsamer wird.
Ihr könnt diese Leistungstests durchaus an drei aufeinander folgenden Tagen machen oder ggf kombinieren. Wichtig ist ja nur, dass ihr die Tests jederzeit exakt wiederholen könnt, um die Fortschritte zu messen. Am besten ihr beginnt das Tempotraining mit einem Test, um die Ausgangsbasis zu bestimmen. Eventuell sogar zunächst einen Probetest durchführen und nach einer Woche den Test wiederholen.
Alternativ zum zweiten Test könnte man auch regelmäßig einen 10km-Wettkampf ins Training einstreuen.
Eine weitere, gute Idee, seine Entwicklung zu überprüfen, ist die regelmäßige Durchführung eines Conconitests, da hier ja genau die Relation Tempo und Herzfrequenz für alle Tempobereiche gemessen wird.