Laufgemeinschaft der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung e.V.

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Andreas hat auf seiner Facebookseite sehr unterhaltsam und kurzweilig vom TAR 2019 berichtet. Die Tagesberichte haben wir hierher übernommen.

TAR 1. Etappe - 1. Abenteuer.

Und das ging schon im Bus los, der mich von Immenstadt nach Oberstdorf bringen sollte. Eigentlich fährt da ein Zug, aber dann auch wieder nicht, denn es fehlt an Lokführern. Das ist nicht Postillon, das ist das Leben. Naja, wenn die Personalabteilung mit dem gleichen Personal bestückt ist wie die Zugbegleiter bei Alex, kann ich es verstehen. Die meinen nämlich, dass ihr Englisch besser zu verstehen wäre, wenn es lauter ausgesprochen würde (CHANGE BUS IN IMMENSTADT YES VERSTEHEN?) Ohrenarzttermin Check, und die Frau war zwei Abteile weiter... Ja, bei Alex gibt es noch Abteile.

Die Tasche, also die Tasche, wo alles drin ist, habe ich also sorglos in den Kofferraum des Busses gepackt. In Oberstdorf war sie weg. Dafür war ein bisschen Stimmung am Busbahnhof, wofür ich nun wieder gesorgt habe. Schließlich habe ich noch einmal das Innere des Busses durchsucht und dort war die dann. Der Busfahrer meinte im schönsten Kluftinger-Deutsch: "Hasch du gschlofe, oder waas?". Egal, Tasche wieder da, alles gut.

Der Rest des Abends verlief unspektakulär, von der Vorfreude des anstehenden Starts bestimmt. Ebenso unspektakulär war der Start selber inklusive der Kontrolle der Pflichtausrüstung, vor der ich große Sorgen hatte. Aber wir hatten ja alles dabei also gab es auch kein Problem.

Und dann ging es los. Erst beschaulich durch Oberschdorf (lokaler Slang), an Marktständen und Badelatschen vorbei, leicht die Straße ansteigend zu einem Bergpanorama hin, dann noch ein bisschen durch den Wald und in Serpentinen die ersten Berge hoch zur ersten VP. Ich sagte noch zu Sabine, dass es ja ganz schön sei, am ersten Tag erstmal leicht durchs Allgäu, um sich ein bisschen in die Alpen einzugrooven.

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Yo, das Eingrooven war nach der ersten VP vorbei. Dort hatten wir noch endlos Zeit zum Cut-Off. Aber dann ging es los. Stöcke raus, Singletrails, über den ersten Pass. Und Downhills, die ich mal als alpine Trails durchgehen lassen würde. Aber ich bin ja nur ein Flachlandtiroler aus dem Bergischen und bekam Schwierigkeiten, nicht vor der Höhe, aber vor dem richtigen Auftreten. Durch das Hochziehen schon gut geschwächt, hatte ich schon bei Kilometer 20 gute Konzentrationsschwierigkeiten.

Glücklicherweise hatte Sabine das alles im Griff, inklusive mich (du-trinkst-jetzt) und an Wasserstellen war kein Mangel.

Und das waren nicht einfach Wasserstellen. Das kristallklare Zeugs, was da in die Futtertröge floss, war das köstlichste, was ich seit langer Zeit getrunken habe. Dafür habe ich keine Worte, weil ich müsste "Erfrischung" sprachlich verzehnfachen.

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Die offizielle zweite VP ließ etwas auf sich warten, aber kam dann doch. Durch mein Downhill-Dancing war der Vorsprung vor dem Original-Cut-Off deutlich zusammengeschmolzen. Es gab zwischenzeitlich einen großzügigen neuen, den uns ein Crew-Mitarbeiter so erklärt hat: "Mei, es isch an bissl warm und dr Wäg isch an bissl verblockt, sind auch paar Wanderer da". Ich übersetze mal aus dem Allgäuerischen: Trails schmal und voll ohne Ende, technisch, gerne mit Hände und die Sonne knallt auch richtig geil rein. Na Primel ;-)

Aber für uns sollte der alte Cut-Off gelten, so viel Ehrgeiz musste sein :-) Nicht gereicht hat es dafür, vor dem Gewitter ins Ziel zu kommen, aber so gerade nicht🌩️, aber egal. Der Spaß kam nicht zu kurz. Und wer Abenteuer haben will, zählt eben auch seinen Preis :-)

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Morgen auf ein neues 💪

 

TAR 2/8 Cut-Off-Terror und kleiner Berg Arschloch :-)

Der Tag begann eigentlich ganz gemütlich, sieht man mal davon ab, dass er mit 5 Uhr Frühstück auch recht früh begann, weil der Start wegen des dann doch ausgefallenen Gewitters vorverlegt werden musste. Aber wir haben gelernt, die Alpengewitter ernst zu nehmen, insofern gab es kein Gemoppere und den Bericht gibt es auch schon früher :-)

Außerdem hatten wir in Lech eine so gut aufgelegte und lustige Hotelwirtin (siehe auch Fotos) dass der Morgenfrust, sollte er denn vorhanden gewesen sein, schnell verflog.

Am Start dann mittleres Chaos bei der Findung des richtigen Startblocks. A schied aus, C hätte unserer Gesamtplatzierung entsprochen, aber die Senior-Master-Mixed-Platzierung war B. Wir entschieden uns dann, der Plan-B-Chefin zu folgen, die Mitarbeiter fanden auch, dass das ein guter Plan sei. Die hat auch immer gute Laune, obwohl sie seit Oberstdorf wahrscheinlich 0 Minuten geschlafen hat, Morgens, Mittags, Abends immer am Lachen und Jubeln und dabei im Gegensatz zu manch anderem mit Mikrofon erfrischend unprätenziös und natürlich. Die Briefings und Werbebotschaften fangen nämlich an zu nerven und wir sind erst bei der zweiten Etappe.

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OK, Start. Schon am Vorabend war uns klar, dass die Cut-Off-Zeiten kein Selbstläufer werden würden, natürlich wollten wir auch wieder spätestens zur A-Zeit drin sein.

Aber wir sahen uns dann schnell in einem Monsterstau vor dem ersten Berg, und um uns herum war noch Wald. Hin und wieder konnten wir ein bisschen überholen, was genauso viel brachte wie der Spurwechsel im Kolonnenverkehr. Nach Aufforderung gelang es mir - nicht - mich zu entspannen, aber ich konnte immerhin meine Klappe halten. So stapften wir den ersten Berg hoch und ich habe zumindest eine gute Ablenkung gehabt, nicht zu merken, dass 1000 Höhenmeter auf 5 km anstrengend sind. Naja, wir kamen mit 40 Minuten Puffer an. Weiter.

Nach jedem Berg kommt ein Downhill, ich kann es ja leider nicht ändern. Zwar habe ich mich ein paar mal hingesetzt (nicht gelegt, da lege ich jetzt Wert drauf), fand mich aber trotzdem - naja etwas - souveräner als gestern, wo frau mir meine Angstzustände offensichtlich angesehen hat.

 

VP2 wurde ebenfalls mit ausreichend Puffer erreicht, so dass wir uns langsam etwas entspannen konnten, und der letzte Berg sieht doch auf der Karte harmloser aus als der erste...

To make a long story short, er war es nicht. Gemeiner Weise war er komplett bewiest, so dass man schon unten sehen konnte, wie weiter oben ganz klitzekleine Zweibeiner...

Ich versuchte es mit externem Support: "Wie weit ist es noch bis zur nächsten VP?" "Sechshundert Höhenmeter". Jo Mei, die Kühe haben es ja auch geschafft, wenngleich natürlich ohne Cattle-Off. Und wir auch.

Danach lockeres Runterhoppeln ins Ziel durch schöne Heidelandschaften und Wälder nach Sankt Anton. Vor dem Downhill wurden wir gewarnt ("technisch", gefährlich), aber wir empfanden ihn als machbar. Größenwahn oder Gewöhnung?

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Im Ziel erneut als 16. Team von 29 noch im Rennen befindlichen angekommen. Vielleicht sollten wir ein Deal mit der Rennleitung machen, und schon mal nach Sulden...? Nee, dafür sind die Trails und insbesondere die Ausblicke von diesen doch zu schön.

Schmerzlevel Plantarfuckziitis derzeit bei 0,3 auf einer Skala von 0 bis 10. Da will ich aber mal so gar nicht moppern, weiterhin medikamentfrei hier mit großer Dankbarkeit. Morgen geht es wieder auf eine größere Tour, Regeneration läuft 🛌💤

 

TAR 3/8 Who the fuck ist Neureuther?

Heute war für eine große Etappe (meine Uhr macht die ja immer noch Mal ein bisschen größer) schlechtes Wetter angesagt, daher wurde der Start um zwei Stunden auf 9 Uhr nach hinten verschoben. In der Tat hat es in der Nacht ordentlich geregnet, am Morgen um 7, wo der Veranstalter Sorge hatte, dass wir im Regen stünden, dafür gar nicht.

Na ja, wie man es macht, macht man es verkehrt. Und wir wollten, diesmal von vorneherein richtig in Block ...B eingeordnet, den Fehler von gestern nicht wiederholen und uns zu weit hinten am Berg anstellen, also weiter vorne einsortiert und mit den anderen losgerast.

Das war nicht schlau und sorgte für schlechte Laune bei Sabine und den Stau am Berg hatten wir trotzdem. Naja, morgen wählen wir einen dritten Weg. Oben am Berg kehrte sich die Laufrichtung wie gewohnt um und ebenso habe ich dann, obwohl ich es nicht vorhatte, Sabines Laune übernommen. Downhill kann ich sowieso nicht und nach Dauerregen im Schlamm erst Recht nicht. Man kann sich ja auch Mal zusammenreißen, für einen Kilometer, oder zwei, oder drei...

Nach fünf Kilometer Dauerrutschen und mehrfachem Hinlegen (das kann heute nicht schöngeredet werden) kam es zum Wutausbruch: "IST MIR JETZT SCHEIẞEGAL", Stöcke hatte ich, die Skier habe ich mir dazugedacht und ab ging's mit Gebrüll. Ihr werdet es nicht glauben, die Mitstreiter taten es ja auch nicht, das war mein trittsicherster und beeindruckendster (also im Sinne von Laufgeschwindigkeit) Downhill heute :-)

 

Der Regen war gar nicht so problematisch, unsere Launen besserten sich auch zusehends "na Hauptsache es macht euch Spaß" "NEIN" und die Cut-Off-Zeiten waren heute überraschender Weise auch kein Problem. Nach dem zweiten Berg gab es noch Mal eine fiese steile Wiese, wo ich nach einer theatralischen Seitenrolle ein Stück Schlitten gefahren bin (die Stöcke hatte ich, den Schlitten...). Anderen erging es leider schlechter. Ein Mitläufer hat sich wohl so böse verletzt, dass der Hubschrauber kommen musste. Gute Besserung unbekannter Weise, immerhin kam die Hilfe schnell.

Für Fotos war heute keine Muße und kein Wetter, morgen vielleicht wieder mehr. Heute nur Platz 17, insgesamt Platz 16 verteidigt. Morgen kommt die Königsetappe - bei ☀️

 

TAR 4. Etappe
Hopp Schwyz, oder - Sulang mer noch am Lääve sin

Ihr ahnt es nach diesem Titel, das Team Kölnpfad hat es auf der "Königsetappe" von Landeck am Inn nach Samnaun in der Schweiz geschafft. Knapp 3.000 Höhenmeter (🤮) mussten dazu auf 46km bezwungen werden und das haben wir in Freundschaft, Harmonie, gegenseitiger Aufmerksamkeit und großem Teamgeist geschafft.

Mit einer aus unserer Sicht durchaus respektablen Zeit von 09:46 (eindreiviertel Stunden über dem Durst) konnten wir dabei auch unseren 16. Platz von - nur noch - 27 Teams in der Senior Master Mixed - Kategorie verteidigen. Dazu eine Eingangsbemerkung: Wenn man diese "Leistungsangaben" mit denen der jungen (die Bildzeitung würde jetzt schreiben: blutjungen) Mädchen mit den weizenblonden hochseetaudicken Zöpfen und den ebenso vor Energie sprühenden Kerlen mit ihren stahlblauen Augen, Bärten, beide Geschlechtsvertreter mit Bodies, deren Perfektion ich mir nicht ausdenken könnte, vergleicht, mag das ja irgendwie komisch wirken. Aber es ist ebenso, dass unsereins mit zunehmender Sicherheit vor dem Cut-Off auch Mal zwischendurch entspannt genießen kann oder Fotos machen darf (ihr seht dann schon, welches ich meine), für deren Veröffentlichung die erstgenannten Sprinter sofort ihre Sponsoren verlieren würden :-) Außerdem müssen wir niemals ein "Leader"-Hemd tragen oder allabendlich eine "spontane" French-Can-Can-Vorstellung geben. Auch dürfen wir Mitläufer aus "unserer" Kategorie beglückwünschen und jeden Morgen ehrlich viel Erfolg und Glück wünschen. So viel Text für Platz 16, aber das musste jetzt Mal raus :-)

Und wir mussten in Fließ am Inn sehr früh raus, um mit dem Shuttle an den Start gebracht zu werden, der pünktlich um 07:00 im Halbdunkel stattfand. Dazu gab es um Punkt 5 das beste Frühstück von der gefühlt 90jährigen Pensionswirtin, die zu jedem der aus eigener Herstellung kommenden Lebensmittel auch eine Geschichte parat hatte. Großartig.

Am Start in Landeck haben wir uns diesmal nicht von der allgemeinen Block-B-Hysterie mitreißen lassen und es somit souverän und mit Spaß auf den ersten Berg geschafft. Das war prima und passte auch zu dem traumhaften Wetter. Es ist einfach ein erhabenes, majestätisches Gefühl, von oben auf watteweiße Wolken unter blauem Himmel auf die Bergspitzen zu schauen. Zum positiven (!) Gefühl der eigenen Unerheblichkeit gesellt sich dann dasjenige von Ruhe, Gelassenheit und Frieden. Wer könnte von sich behaupten, dass er davon zuviel hätte?

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Eine VP gab es natürlich auch, bei der das Team Kölnpfad stilecht mit Kölscher Musik empfangen wurde, und entsprechend gestärkt ging es bei zunehmendem Sonnenschein weiter im Halbhang durch Schluchten und nicht minder aufsehenerregender Optik. Die Wegbeschaffenheit bestand größtenteils aus schmalen verblockten Singletrails (das sind die, wo die Steine dann von der Seite gegen die Knöchel hauen, wenn man nicht aufpasst), die so halb laufbar waren, zum Schluss halt immer schlechter, weil die Konzentration nachließ. Einen Matschweg gab es auch, ohne Gefälle, ich habe diesem trotzdem den Gefallen getan, mich einmal kurz reinzulegen, war aber unspektakulär.

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Spektakulärer war der zweite Berg, der über Geröllfelder und Steilanstiege einfach nur anstrengend war. Zwar meinte ich am Fuße des Monsters stehend noch großmäulig, wenn ich die Wahl zwischen einem weiteren Matschweg, wo man überhaupt keinen Meter machen kann und dem zweifachen Monsterberg hier hätte, würde ich letzteres wählen. Ob ich das wohl geschafft hätte, bleibt fraglich, ihr dürft euch das entsprechende Foto anschauen. Ja, Sabine und ich hatten den gleichen Weg, ja, irgendwie sehe ich etwas gezeichneter aus :-)

Das Problem ist nämlich, dass die Luft in 2800m Höhe nicht mehr ganz so gehaltvoll ist. Ein Mitläufer meinte, dass das doch super wäre, dann könnte ich mich darauf freuen, dass beim Downhill mit jedem Atemzug wieder mehr Luft in die Muskeln käme. Ich liebe Läufersprüche. Allerdings hätte die Luft auch bei 2800m durchaus ausgereicht, dem Kollegen die beeindruckende Ähnlichkeit zwischen einem Trailstock und einem Florett vorzuführen. Aber wir haben uns ja alle lieb ;-)

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Dann kam aber der Downhill und der war Straße, das können wir und sind entspannt die Straße runtergerollt. Mit aufkommenden Heißhunger malten wir uns auch schon diverse Menüs aus, die sowohl die VPs als auch die kulinarisch eher dröge Pastaparty bereitzustellen hätte. Wir wurden in beiden Fällen positiv überrascht. An der VP gab es die "bestellte" Kartoffelsuppe und bei der Pastaparty, zu der wir nachher mit der Seilbahn hochfahren mussten, Salat. Wow.

Tja, und so kamen wir quasi unbemerkt in die Schweiz hinein, in einen Flecken des Graubündner Engadin, der - mit dem Auto ;-) - nur von Österreich aus zu erreichen ist. Mit Ausnahme der unvermeidlichen Duty-Free-Shops ein sehr schöner Flecken.

Ja, ich weiß, dass ein Dütscher niemals am Ende eines Satzes "oder" sagen oder überhaupt versuchen darf, den Dialekt zu imitieren. Obenstehendes "oder" diente ja auch nur zum Anschluss des zweiten Satzteiles :-)

Morgen ist Ruhetag, den wir mit einem stressfreien (keine Pflichtausrüstung, kein Cut-Off) Läufchen zur gipfelseitigen Salatbar begehen werden. Das könnte uns natürlich den Platz 16 kosten.

Ja, das Leben kann schon grausam sein

 

TAR 5/8 - Ruhetag

Heute war der so genannte Ruhetag mit einem kleinen "Bergsprint" hoch zum Restaurant, wo man nach dem Mittagessen (für Sabine und mich zusammen sechs Salate, zwei Suppen, zwei Hauptgerichte) mit der Seilbahn wieder hinunterfahren konnte.

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Die Besonderheit beim Start war, dass die Teams nicht nur jeweils eine eigene sekundengenaue Startzeit bekamen, sondern die langsamsten als erste starteten und die schnellsten als letzte. Man lief durch eine doppelte Schleus...e, wurde von wichtigen Leuten mit Sonnenbrille und Walkie-Talkie (sagt man das heute noch so?) mit vielen Spiralkabeln befragt ("66, seid ihr bereit?" "Stellt euch an den schwarzen Strich" "noch zwanzig Sekunden" " das ist eure Uhr, noch 5-4-3-2-1-0"). Sehr NASA-mäßig das ganze.

Am darauffolgenden Berg aber schnell wieder das übliche, hochsteigen mit Stöcken, teilweise auch mit Seilen. Überholbedarf gab es reichlich, es kamen ja immer Schnellere nach, so dass wir uns häufiger mal zur Seite stellten, um einen ganzen Schwung durchzulassen.

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Es sollte ein Entspannungstag werden, dass haben wir mit 1:45 auch geschafft. Die Schnellsten brauchten eine ganze Stunde weniger. Obwohl wir heute nur 20. wurden, bleibt die Gesamtplatzierung Platz 16. "Unsereins" kann eben auf so einer Kurzetappe auch nur ein paar Minuten rausholen.

Das sieht morgen ganz anders aus, wenn es nach Scuol oder Schuls (ich konnte sogar einen ortsansässigen Schweizer mit meinem Trivia-Wissen um den deutschen Namen dieser Stadt beeindrucken) geht. Das wird wieder eine große Etappe, leider bei nicht mehr ganz so schönem Wetter ☂️

 

TAR 6/8 - Allegra, Downhill-Bine oder der große Regen

Heute ging es von Samnaun nach Scuol. Alles sah nach Business as usual aus, Start um 8, Wetter neblig aber trocken, Hinweis des Veranstalters, dass wegen eines drohenden Unwetters die Cut-Off-Zeiten brutalstmöglichst umgesetzt würden, und raus. Doch es sollte anders kommen...

Die erste Cut-Off-Zeit machte uns ein bisschen Sorgen, da uns eindreiviertel Stunden für einen ganzen Berg knapp erschienen. Es war aber nur ein geteerter Wanderweg, easy. Beim Downhill gab es leider keine schönen Bilder, da alles im Nebel lag. Zur VP2 hatten wir bereits so viel Puffer, dass es Zeit für neue Gesprächsthemen wurde. Zum Beispiel, dass diese Etappe eine ganz einfache sei. Ich erwähnte noch ganz leise, dass ich das eigentlich vom TAR so kenne, dass bei den großen Bergen nach den Waldstraßen und den Almwiesen immer auch noch ein ordentliches Stück Geröllfeld kommt.

Bevor wir aber zu einer Grundsatzdiskussion darüber kamen, ob ich nicht statt ständiger Schwarzmalerei mich einfach mal über eine leichte Etappe freuen sollte, kam das herbeigeunkte Geröllfeld auch schon.

 

Steil, aber machbar - bei trockenem Wetter. Es setzte Regen ein. Regenjacken raus. Es setzte Hagel ein. Westen raus. Sabine friert. Sabines Regenjacke hält nicht dicht. Sabine wird nass. Es kommen Blitze vorbeigeschossen. Andreas hält die Klappe. Andreas hält die Stockspitze nicht nach oben.

Wir schaffen den Pass. Es setzt ein schwerer Landregen ein. Sabine möchte verständlicher Weise schnell ins Ziel. Andreas kommt am Downhill nicht mit, wie immer. Die Wege verwandeln sich in unpassierbare Matschwüsten, teilweise mit querliegenden Baumstämmen. Andreas Schuhe stellen sich mehr und mehr als Vollausfall dar. Andreas fällt hin. Andreas kriegt schlechte Laune. Andreas steht an einem Matschhang und rutscht stehend ab, kann sich nur noch durch ein beherztes Einpflocken mit dem Stock halten. Andreas fasst einen einfachen und klaren Entschluss: Neue Schuhe, heute noch.

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Die letzte VP war wegen des üblen Platzregens nicht mehr so attraktiv, wir entschlossen uns, schnell ins Ziel zu rutschen. Mit 8:15 konnten wir zwar überraschender Weise unseren 16. Platz verteidigen, blieben aber wegen meines Downhill-Ausfalls unter unseren Möglichkeiten. Warum habe ich nicht meine Speedgoat mitgenommen. Ja, sie hatten deutlich weniger Profil als die Stinson ATR oder die Mafate, sind aber bei Matsch deutlich besser geeignet und der Stinson schmiert leider übel ab. Ab morgen werden es Testschuhe von Salomon richten, passen tun die auf jeden Fall schon Mal super. "Willst du die denn nicht vorher mal anprobieren?"
"Nein ich will die haben. Ich kaufe sie so wie sie sind. Es ist eine Frage von Leben und Tod."
"Aber nur geliehen"
"Aber beide Etappen"
"Gut"
(Ich muss Eindruck am Stand gemacht haben :-) )

Und man muss eines festhalten: Die Zahl der Teams schrumpft. Immer wieder hört man von und sieht man alleine gelassen Läuferinnen und Läufer, die ihres Partners verlustig gegangen sind, weil diese böse Verletzungen oder Erschöpfungszustände davontrugen, die ein Weiterlaufen unmöglich machen. Der TAR ist definitv kein Kindergeburtstag, so viel haben wir in den ersten sechs Etappen schon gelernt und zwei kommen noch. Das sollte man nicht unterschätzen, insbesondere wenn das Wetter umschlägt.

Ich bin froh, dass wir im Ziel sind. Morgen bitte wieder regenfrei (aber die Trails werden heute Abend noch gut gewässert, soll ja keiner eine Staublunge bekommen).

Und dann wollen wir morgen doch mal sehen, was die neuen Schuhe können 🚀.

Fotos gibt es heute keine neuen. Dafür ein paar aufgewärmte. Bei Sonne sieht das alles besser aus :-)

P.S.: Ich habe auftragsgemäß den Streckenposten in "Schuls" ein joviales "Allegra!" zugeworfen. Es gab auch direkt lächelnde Gesichter, das scheint also was positives zu bedeuten. Allerdings kam dann auch noch ein Wortschwall zurück, der mich entfernt an italienisch erinnerte, was ich auch schon nicht kann. Besser schnell weiter...

 

TAR 7/8

Raindrops keep fallin' on my head

https://m.youtube.com/watch?v=QTAabcSg8H0 (Achtung: Wer ein Problem mit Schnulzen hat - nicht klicken. Wer nicht weiß, was eine Schnulze ist - auf eigenes Risiko)

...

Heute ging es vom graubündischen Scuol ins südtirolerische Prad im Vinschgau.

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Der Weg war mit 47km zwar lang, mit nur 1700hm aber grundsätzlich machbar. Eigentlich somit eine unspektakuläre Etappe, wäre da nicht das grandiose Tal der Uina, eines Nebenfluss des Inns und natürlich das Wetter gewesen.

Fangen wir mit dem positiven an. Jenes Val d'Uina ist wirklich aufsehenerregend. Man läuft zunächst aus der Innhöhe kommend durch Waldstraßen immer weiter gegen die Flussrichtung in das Tal hinein. Dann schraubt sich der Weg immer weiter in den ausgesetzten Fels, teilweise durch Tunnel mit Blicken auf die wild hinabschießende Uina. Auf Passhöhe kamen wir dann auf ein Schneefeld. Yo, im September. Irgendwie musste ich an den dicken Donald denken, der ja jetzt mit seinem Filzstift auch in Wetter macht. "C'mon dude, you wouldn't mind a shot of good old climate change now, right?" Aber bevor das hier in eine virtuelle Diskussion über den Gegensatz von Wetter und Klima abdriftet (den good old Donald und die seinigen ohnehin nicht verstehen), bleiben wir einfach beim heutigen Wetter im Engadin und Südtirol.

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Und das war, um es kurz zusammenzufassen, erneut Scheiße. Pünktlich zum Schneefeld setzte Dauerregen ein, und der hielt sich konstant bis zum Ziel in Prad, wo wir völlig durchnässt ankamen. Zusätzlich merke ich auch, dass meine Kräfte schwinden, mir war heute über weite Strecken übel, ich kam zum Schluss kaum noch mit Sabine mit, die zwar am Anfang immer ein bisschen Warmlaufen muss, aber dann grandios ins Ziel zieht, insbesondere bergab.

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Aber die eine Etappe schaffen wir morgen noch, vielleicht ja sogar bei besserem Wetter. 31km/2600hm ist natürlich eine üble Formel. Ich muss da an Trenker, Messner und Steigeisen denken, und weiß noch so gar nicht, ob der Gedanke daran meinem regenerationsbedürftigen Magen guttut. Aber wenn es zu einfach wäre...

Und ihr wollt jetzt noch wissen, wie sich die neuen Schuhe so geschlagen haben? Schnell erzählt: Heute Platz 13, dadurch gesamt auf Platz 15 von nur noch 25 Teams aufgestiegen. Der Treppenwitz dabei: Einen Zähler vor dem Team Salomon ;-)

So morgen geht das Leben noch einmal rauf und runter (sehr witzig, Herr Bertelmann) und dann wird ausTARiert

 

 

TAR 8/8
Wieviel Leben passt in eine Woche?

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Ein halbes dutzend mal "Epic Fall" vom Andreas
https://youtu.be/fqm_7JGk_nY (Minute 03:00)

Alpen in vier Ländern von strahlend blauem Himmel bis zu üblen Gewittern.

Lachen, Kampf, Genießen, Fluchen, Freundschaft, Teamgeist, gemeinsamer Erfolg.

Oberstdorf. Wann waren wir denn in Oberstdorf?

Auf jeden Fall war das ein Etappenlauf, der mich an meine physischen und psychischen Grenzen gebracht hat und den ich ohne Sabine nicht geschafft hätte. Sie wusste immer, wann es schneller musste, wann es langsamer musste, was gerade geht und was nicht geht, sie war mein Stock, Trainerin und Freundin und ist darüber hinaus zum Schluss abgegangen wie... Ich sage nur: Platz 15 verteidigt :-)

Doch wie lief die letzte Etappe? Dazu muss man wohl mit dem Vorabend anfangen, wo wir entschieden haben, dass ich aufgrund meiner Angeschlagenheit besser im Hotel bleibe und mich auskuriere, vielleicht einen Ingwertee und einen drögen Zwieback zu mir nehme.

Ja und da saß ich so vor meinem Tee und bekam Appetit auf einen Salat. Und - das ist jetzt pervers, wenn man weiß, dass es beim TAR jeden Abend Pastaparty gibt - auf Spaghetti mit 🍅 Sauce.

Die Oberin hörte sich die Bestellung an, schaute mich an und änderte sie einfach ab. Ich möge mir unter einem großen Salat doch bitte einen großen Salat vorstellen, und wenn ich danach noch wirklich weiteren Hunger hätte, dann könnte ich ja...

Ich aß den Salat und bestellte danach die Spaghetti. Irgendetwas muss da wohl in der Küche verstanden worden sein, denn es kam eine ganze Pfanne, die für drei volle Teller reichte und die ich mit Appetit verspeiste. Ich war danach wohl satt, kann aber jetzt etwas mit dem Begriff TAR-Wampe anfangen, der hier vor einiger Zeit herumgeisterte.

Heute Morgen war ich nicht superfit, es ging aber und ich entschied mich, die Medical Crew nicht wegen Magenpillen aufzusuchen, das kann ja gerne auch nach hinten losgehen. Gute Entscheidung. Geregnet hat es gleich beim Austritt aus dem Hotel, der Transferbus hatte ein riesiges Termometer, wo 6 Grad zu lesen war und die Scheibenwischer wurden immer stärker eingestellt. Ich sage mal, die Gespräche im Bus waren eher verhalten, es herrschte weniger Kegelclubathmosphäre als ein im Raum stehendes "irgendwie jetzt die letzte Etappe durch und gut ist".

 

Die Route selber wurde angepasst, weil der Originaltrack in Schneegebiete führte, ich fand die alternativen 28/2200 vom Gefühl her für mich heute auch ausreichend. Und in der Tat hörte doch zum Start der Regen auf! Dem nicht genug, wir konnten sogar von mehreren Almhütten tolle Panoramen in das schneebedeckte Hochgebirge erhaschen. Die drei Berge waren anstrengend, aber, da trockenes Wetter von oben, schaffbar.

Gemein war natürlich, dass man vor dem dritten Sulden bereits tangierte und das Gejohle aus der Zielhalle hören konnte. Aber wir hatten noch eine gute Stunde vor uns.

Aber irgendwie ist ja alles beim letzten Mal noch mit einem ganz eigenen Flair behaftet: Der letzte Berg, der letzte viel zu spät kommende 5km-to-go-Pfahl, die letzte VP und der letzte Downhill. Eine Zeitlang wurden wir dabei noch von einem Pulk ausgebremst, die wir aber durch unser Getrappel und mein Gekeuche weichgekocht haben ("lauft's halt vorbei") und dann ging es ab... Ich sage mal, ich kam so gerade mit.

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Ja und in der Zielhalle verspürte ich dann doch noch ein paar Tropfen. Vielleicht war das Dach ja nicht ganz dicht.

Insgesamt ein tolles Event, ich freue mich jetzt auf die Abschlussparty, wo wir den ganzen Ibiza-Rummel mal in voller Härte durchziehen werden. Und ich bin heilfroh, vorher trainiert gehabt zu haben. Schönes Wetter in den Alpen kann nämlich sein, muss aber nicht

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17.09.2019 Bericht und Bilder: Andreas Häußler/TAR

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