Laufgemeinschaft der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung e.V.

Am Anfang diesen Jahres hätte ich nicht gedacht, dass dieses Jahr ‚mal ein „Frankreich Jahr“ werden würde. Anfang Januar hatte ich das Glück, für einen der raren UTMB-Startplätze (in meinem Fall den CCC) ausgelost worden zu sein.

Irgendwann im Februar stieß ich dann auf den „SaintéLyon“ Ende November und meldete mich spontan an. Und dann ergab sich im März, dass der diesjährige Familienurlaub in den Herbst fiel und wir ‚mal nach Südfrankreich fahren wollten.

Die Rahmendaten waren aufgrund der Ferientermine fix und so blieb aufgrund der langen Abreise (für uns Nordlichter zwei Tage) eigentlich nur eine Teilnahme am Freitag des „Festival des Templiers“ übrig.

Beim „Festival des Templiers“ handelt es sich um ein (Ultra-)Trail Festival mit 19 verschiedenen Strecken rund um das südfranzösische Millau als zentralem Zielort. Mit ca. 10.000 Teilnehmern handelt es sich gem. Veranstalter um die zweitgrößte Veranstaltung dieser Art in Frankreich nach dem UTMB. Leider waren die Ultrastrecken für den Freitag schon alle ausgebucht, so blieb mir ‚nur‘ die Teilnahme am „Marathon du Larzac“ mit 38 km aber immerhin 1.500 Hm. Das passte dennoch gut, hatte ich ja Ende August den CCC erfolgreich gefinished und noch in den Knochen stecken.

Wir näherten uns am Tag vor dem Rennen Millau von Süden und konnten so bereits bei der Anfahrt einen Eindruck vom Larzac (einem Hochplateau südlich des Zentralmassivs) und dem Tal des Dourbie (das im Rahmen des Marathon du Larzac durchquert werden sollte) verschaffen. Insbesondere der von der Straße erkennbare Schlussanstieg kurz vor Millau (ca. 350 Hm) war ‚eindrucksvoll‘. Im Tal des Dourbie konnten wir bereits viele der in der Region beheimateten Gänsegeier sehen und hören, während des Rennens konnte ich sie am nächsten Tag nur hören und leider nicht sehen. Beim Bezug des Hotels wurde bereits klar, was die Veranstaltung für Millau bedeutet: ein Plakat der Veranstaltung begrüßte die Läufer und das Hotel-Restaurant bot ein spezielles Menü für Läufer an – so etwas würde ich mir auch ‚mal in Deutschland wünschen 😊

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Es folgte die obligatorische Startnummernausgabe – hier gab es dann das erste Mal in diesem zweiwöchigen Frankreichurlaub echte Sprachprobleme: zwar bekam ich meine Startnummer ausgehändigt, aber Nachfragen zu Details (z.B. „Wo fährt mein Bus zum Start nachts ab?“) konnte mir niemand verständlich beantworten; mein Französisch reichte zwar für die Fragen aus, aber die Antworten verstand ich nicht und es dauerte eine ganze Weile, bis sich jemand fand, der Englisch sprach. Das ganze war aber sehr nett und vergnüglich – später bekam ich von einem Franzosen, der scheinbar nicht aus der Gegend stammte zu hören, dass „die Leute hier ein wenig eigentümlich sind“ …

Der anschließende Besuch der Trail Messe war verlockend, aber die Urlaubsgeldbörse war zum Glück schon leer und so beschränkten sich die Ausgaben auf ein paar sehr günstige Socken …

Der absolute Hammer waren die Frühstückszeiten im Hotel: am Freitag ab 2.00 Uhr nachts stand das sehr gute Frühstücksbuffet zur Verfügung und es war sogar ausreichend Personal anwesend. Zusätzlich gab es eine Auwahl an Nudel- und Kartoffelgerichten!

Nach dem opulenten Mahl (ich gebe es zu: ich habe mehr gegessen als sonst vor einem Lauf) ging es zu Fuß ca. 25‘ Minuten zum Abgangsort der Busse. Die Organisation war ein wenig chaotisch, fuhren doch die Teilnehmer von zwei verschiedenen Läufen vom selben Bushalteplatz zu unterschiedlichen Startorten. Aber auch ich landete schließlich in einen Bus, der mich zum richtigen Startort „auf den Larzac“ fuhr. Man wurde dort mitten im Nichts ‚ausgeladen‘ und ich trottete den französischen Läufern zum eigentlichen Startplatz auf einem Bauernhof hinterher. Dort wurde mit viel Musik die Stimmung angeheizt, auch gab es noch für den, der wollte einen heißen Kaffee. Pünktlich um 7.00 Uhr wurden wir im Dunkeln auf die Strecke geschickt. Die ersten Meter wurden noch u.a. durch Bengalos beleuchtet, aber bald war die eigene Stirnlampe der beste Freund. Unbefestigte landwirtschaftliche Wege wechselten sich mit spannenden Single Trails entlang von Hecken und Mauern ab. Auch der Untergrund wechselte permanent: rutschige, lehmige Abschnitte wechselten sich mit steinigen und tlw. geröllhaften  Strecken ab, jeder Schritt musste im Voraus abgewogen werden.

Wir Ultraläufer erleben ja viele schöne Momente in der Natur, aber der Sonnenaufgang bei diesem Lauf ist im Nachhinein kaum zu beschreiben: die Gipfel der umgebenden Berge tauchten durch Nebelschwaden und in vielen unterschiedlichen Pastelltönen auf.

Nach dem ersten Verpflegungspunkt (es ging durch ein kleines Dorfgemeinschaftshaus und auch hier war der Lauf mit Sicherheit der Jahreshöhepunkt des Dorflebens) auf Single Trails oberhalb des Doubier, der teilweise noch im Nebel steckte.

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Bei km 15 stürzte ich dann auf einem schwierigen, glitschigen Schräghang das erste Mal in meinem Trailläuferleben. Zum Glück nichts ernstes, aber auch nach über drei Wochen habe ich noch erhebliche Probleme mit dem kleinen Finger meiner linken Hand.

Ab- und Aufstiege wechselten sich permanent ab, es ging durch Buchsbaumwälder (ich wusste vorher nicht, dass es so etwas gibt), über Geröllfelder und durch Bachläufe, es wurde nie langweilig. Bei km 30 erreichten wir Läufer die Sohle des Doubier, es folgte der schon eingangs erwähnte Schlussanstieg. Hier holte ich das erste und einzige Mal die Stöcke aus dem Köcher und ‚zog‘ mich die 350 Hm hinauf. Viele andere Teilnehmer hatten hier erhebliche Probleme und der eine oder andere saß neben dem Trail und hatte sichtlich zu kämpfen. Aber auch ich hatte noch einige Herausforderungen zu meistern: erwartete ich auf den letzten ca. 5 km einen schnellen, einfachen Downhill ins Ziel, musste ich doch an der einen oder anderen Stelle im Steilhang nicht nur stoppen und tlw. wieder bergan, sondern als Höhepunkt ging es sogar durch eine (dunkle!) Höhle.

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Die anvisierte Zielzeit von weniger als 5 Stunden überschritt ich mit 5:06 zwar leicht, aber der Fokus der letzten Kilometer und nach dem Sturz war es, heile ins Ziel zu kommen. Hatte ich beim Zieleinlauf noch den Gedanken, mich mit meiner verstauchten Hand bei den Sanitätern zu melden, gab ich das aufgrund des Andrangs dort schnell wieder auf. Alle paar Minuten fuhr ein Krankenwagen mit Blaulicht vom Zielgelände in Richtung Millau …

Der Lauf war ein toller Abschluss meines Urlaubs. Ich kann zur Teilnahme an diesem oder einem anderen Lauf des „Festival des Templiers“ nur raten: neben der tollen Landschaft, der Stimmung an der Strecke und der speziellen Atmosphäre der Region gibt es eine Menge fürs (Start-)Geld, u.a. ein tolles Trailshirt und eine Finisherweste. Abschreckend ist nur die weite Anreise (mehr als 600 km ab/bis Freiburg), aber in Kombination mit einem Urlaub in Südfrankreich (ca. 2 Stunden sind es bis zum Mittelmeer) ist dies für den einen oder anderen ggf. machbar.

Und am 30.11. geht dann ins letzte Kapitel meines „Frankreich Jahrs“, zum „SaintéLyon“ – davon in einem späteren Bericht mehr.

13.11.2019 Text und Bilder von Jens Kruse

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