Laufgemeinschaft der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung e.V.

Endlich Letzter:

Mit Graf Zahl und Brüllaffen zum Finish…
Rudern ist eine Sportart, die sehr große Muskelgruppen beansprucht und hohe Anforderungen an Ausdauer und Kraft stellt. Vom Crossfit her war ich bereits mit dem Ruderergometer vertraut. Da ich aus verschiedenen Gründen nicht mehr so viel laufen kann wie früher, dachte ich mir, warum nicht einmal einen Marathon rudern? War es möglich, sich als „Fachfremder“ innerhalb von weniger als drei Monaten auf einen Ergo-Marathon vorzubereiten? Challenge accepted. Die erste Einheit Mitte Dezember ging nicht über 7 km hinaus, aber ähnlich wie beim Laufen gewöhnt sich der Körper recht schnell an immer höhere Umfänge. Meine Trainingsdaten lud ich via App regelmäßig hoch auf das Logbook von Concept2, dem Hersteller des bei den meisten Wettkämpfen verwendeten Ruderergometers. Die sog. „January Revolution Challenge“ kam mir sehr entgegen: Im Januar sollte im Schnitt mindestens eine Stunde täglich gerudert werden, was mir auch gelang. Kleine Schikane dabei: Parallel musste auch noch die Vorbereitung auf den Vertical Marathon weiterlaufen… Schnell wurde mir klar, dass die Technik beim Rudern eine sehr große Rolle spielt. Die in zig Youtube-Sessions erworbenen Tipps und Tricks konnte ich tatsächlich fast Eins zu Eins umsetzten, so dass ich auch ohne weiteres Training schneller wurde.

Ruderergometerklein
Drei Wochen vor dem Wettkampf ruderte ich 32 km ohne größere Probleme, eine Woche später einen all-out Halbmarathon in einer Zeit, die meine geplante Zielzeit von 3:30 h durchaus realistisch erschienen ließ.
Am Samstag, 03. März wurde es Ernst. Leider hatte ich mir einen Schnupfen zugezogen und die Nacht zuvor sehr schlecht geschlafen. Vor Ort wurde ich von den Ruderfreunden sehr nett empfangen. Zu keiner Zeit hatte ich das Gefühl, nicht dazuzugehören, obwohl ich als Läufer sicherlich ein Exot im Feld war. Gemäß der geplanten Zielzeit starteten die Langsamsten (also meine Wenigkeit) zuerst und die Schnellsten zuletzt, so dass theoretisch alle in einem eng umschriebenen Zeitfenster fertig werden sollten. Dass ich nicht im Vollbesitz meiner Kräfte war, merkte ich sehr schnell. Schon nach 10 km hatte ich muskuläre Probleme im linken Oberschenkel, nach einer Stunde wurde ich wie aus dem Nichts plötzlich sehr langsam. Mindestes alle 10 Minuten musste ich ein Taschentuch benutzen, weil ich schlecht Luft bekam. War es ein Fehler, nicht 100 % gesund anzutreten (im Nachhinein denke ich ja)? War die Belastung nur 14 Tage nach dem Vertical Marathon einfach zu hoch? Kurz vor der Aufgabe stehend erinnerte ich mich an erfolgreiches Krisenmanagement beim Ultramarathon: Ruhe bewahren, gut essen und trinken, kurze Zwischenziele setzen. Ab und zu mal aufstehen und etwas dehnen. Erst mal den Halbmarathon, das ist aller Ehren wert. Geschafft. Ok, 2-3 km noch, dann reicht es aber. Die mentale Herausforderung beim Ergometerrudern ist, dass du permanent auf das Display schaust und die km nur im Schneckentempo vorbeiziehen. Also begann ich, stur aus dem Fenster zu schauen, jeweils 250 Schläge hoch und wieder herunter zu zählen, und erst dann wieder die Distanz zu prüfen. Hilfreich während der kritischen Phase waren die Musik (jeder durfte sich zwei persönliche Titel vorab wünschen) und der permanente Zuspruch der Organisatoren und Zuschauer. Als noch weniger als 10 km zu rudern waren, war ich mir sicher, dass ich es schaffe würde. Im Raum wurde es gegen Ende der Veranstaltung immer lauter, wenn sich auf den letzten km immer mehr Menschen um das Ergometer scharten, um die Athleten und Athletinnen anzufeuern. Der Lärm war teilweise ohrenbetäubend. Hinterher erfuhr ich, dass es für diese Personengruppe in der Szene sogar eine eigene Bezeichnung gib: die sog „Einschreier“… Schon jetzt mein Wort des Jahres 2018!Ruderergometerklein2 Nach 3:26:04 h und einem eingeschrieenen Endspurt auf den letzten km sackte ich erschöpft zusammen. Im Gegensatz zu einem Laufmarathon oder -ultra konnte ich danach ganz normal gehen, aber die mentale bzw. zentralnervöse Erschöpfung war um ein Vielfaches höher. Anschließend gab es noch ein nettes Frühstück parallel zur Siegerehrung, von der ich nur die Hälfte mitbekam, so sehr stand ich immer noch neben mir. Dennoch, niemals zuvor hat es sich so gut angefühlt, Letzter zu werden!  Fantastischerweise gab es sogar noch zwei Weltrekorde zu vermelden. Ich fuhr krank aber glücklich nach Hause mit zwei Haupterkenntnissen:
1.  Ich möchte einen weiteren Ergomarathon absolvieren, mit dem Ziel, (mindestens) Vorletzter zu werden ;-)
2. Ruderer sind auch nette Menschen 
P.S: Auch für das Ruderergometer gibt es Ultras, hauptsächlich im 100 km und 24 h Format. Hmm…
 

Bericht und Bilder von Sascha Mörth, 14.03.2018

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