Laufgemeinschaft der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung e.V.

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Seit vielen Jahren laufe ich beim Bonn-Marathon als Zugläufer und stelle diese Gruppe zusammen. Die ersten 10 Jahre etwa lief ich 3:30h, dann wechselnd für 4:00, 4:30 oder als Schlussläufer. Es ist immer ganz witzig, denn die Tücke der Aufgabe bringt doch oftmals einige überraschende Wendungen. Dieses Jahr war diesbezüglich extrem.

Wie immer stellte ich das Team Anfang September zusammen und außer mit dem 2. 3:00-Läufer war alles schnell geklärt. Hier gab es verschiedene Optionen, die sich aber später alle in Luft auflösten.

Vor einer Woche kam dann die übliche Mail von mir „Alles klar für Sonntag?“ und offenbarte, dass einige Positionen neu zu besetzen waren. In gewisser Not fragte ich Mitte der Woche auf Facebook, ob sich jemand vorstellen könnte, in Bonn spontan 3:00 oder 3:30 zu laufen und zu meiner großen Überraschung meldeten sich einige Bekannte. Super! Problem gelöst.

Am Freitag folgte dann die üble Erkenntnis, dass ich noch keinen Besenläufer organisiert hatte. Total vergessen! Das war mir schon echt peinlich, als ich in der Nacht auf Samstag die Anfrage auf Facebook platzierte. Und viel Hoffnung hatte ich ehrlich gesagt auch nicht, zumal ich am Samstagmorgen zu einem kleinen Marathonlauf im Rahmen des Pescher Kleeblattes in Köln verabredet war.

Doch die nächste glückliche Fügung – und es sollte nicht die letzte sein – folgte prompt. Wir waren kaum losgelaufen, also etwa um 6:15 Uhr als beim Veranstalter das Handy klingelte, weil mich jemand erreichen wollte, um mir mitzuteilen, dass er gerne diese Aufgabe übernehmen würde. Nachmittags dann noch ein paar Details abgestimmt und es war wieder ein Problem gelöst! Puh, das war knapp.

Am Sonntagmorgen begann der Tag fast total entspannt. Alles gut, außer das Wetter. Am Tag des Bonn-Marathons die Grillsaison zu eröffnen ist immer eine gute Idee, denn es ist oftmals der erste heiße Tag im Jahr und immer trocken. Aber diesmal goss es in Strömen! Eigentlich fahre ich die 18 km zum Start immer mit dem Fahrrad – umdisponieren? Erst einmal Kaffeekochen und die Regenjacke holen. Ich hatte ja noch 15 Minuten. Das Unvorstellbare passierte: Als ich losfahren musste, hörte der Regen auf, es sollten die letzten Tropfen bis zum Abend gefallen sein.

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Im Hotel trafen wir uns recht früh. Wir mussten ja noch einiges vorbereiten, die Teams mussten sich kennenlernen und abstimmen und ein kleines Frühstück gab es schließlich auch. Anschließend mussten wir noch unser obligatorisches Foto machen und dann gehen wir immer früh in den Startblock, um mit denen zu sprechen, die sich den Zugläufern anschließen wollen. Zu jeder Zielzeit gibt es zwei Läufer, nur der Schlussläufer, der ist alleine – und der fehlte.

Sich verspäten kann allerdings in Bonn leicht passieren: Die Parkplatzsituation ist blöd, man kann einen Zug verpassen und einmal war die Bahnstrecke von Norden nach Bonn komplett gesperrt und die Teilnehmer strandeten auf der anderen Rheinseite in Beuel. Irgendwann hatte ich ihn dann angerufen, ihn aber nicht erreicht.

Wir hatten dann kurz miteinander gesprochen, ob wir einen Plan B haben, aber so ganz spontan umdenken und Stunden später fertig sein, wollte keiner.

Zum Glück hatten wir einen Zugläuferbetreuer. Dem gab ich den Ballon, das Shirt, die Startnummer und den Laufchip, damit er unserem Mann die Sachen übergeben konnte, sobald er kam - falls er kam. Gefühlte zwei Minuten vor dem Start war es, als vorne im ersten Block der Countdown heruntergezählt wurde, während ich mit Kathi als 4:30-Zugläufer am anderen Ende standen und ich plötzlich Axel Densing sah. Er ist ein Vereinskollege, den ich seit Jahren kenne. Er ist nicht mehr schnell, aber zäh und sehr erfahren und unglaublich nett. Perfekt geeignet für ….

Nach einer kurzen, herzlichen Begrüßung fragte ich ihn direkt, ob er sich vorstellen könne, heute als Schlussläufer zu laufen. Was ist denn das? fragte er zurück. Dann folgte eine einminütige Schnelleinweisung und bevor er sich das anders überlegen konnte, hatte er den Ballon am Handgelenk.

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Doch dann ging es auch schon los. Nach der Vorgeschichte war mir eigentlich schon klar, dass jetzt nichts mehr schief gehen konnte, zumal wir Zugläufer auf der Straße in unserem Element waren. Der Marathon selbst war wie zu erwarten. Wir haben uns nett unterhalten, haben unsere Taktik gut umgesetzt und gaben uns allergrößte Mühe, die Gruppe zusammenzuhalten. Im Laufe der Kilometer wurde die Gruppe dennoch kleiner, dann platze mein Ballon an einem Schild, später auch der von Kathi – ein bisschen Verlust ist halt immer, aber schließlich brachten wir doch eine kleine Gruppe ins Ziel. Einige setzten sich auf den letzten Kilometern nach vorne ab, aber drei Leute, die alle bei diesem Bonn-Marathon ihren ersten Marathon liefen, blieben vom ersten bis zum letzten Meter in unserer Nähe.

Im Ziel gab es dann viele Glückwünsche, Dank, gegenseitigen Respekt für die Leistung und viele Fotos. Was für ein erfolgreicher Tag! Auch die anderen Zugläufer haben perfekte Zwischen- und Endzeiten erzielen können. Alles prima. Später habe ich dann erfahren, dass unser geplanter Schlussläufer beim Aussteigen aus dem Zug gestürzt ist und sich die Bänder am Fuß angerissen hat. Autsch! Gute Besserung von dieser Stelle.

Mein Fazit des Tages: Es ist schön, wenn man viele, gute, spontane Freunde hat. Ich freue mich schon auf das nächste Jahr.

Text: Michael Irrgang, Bilder: Stefan Henscheid, 16.4.2018

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